Stuttgart (rad-net) Sydney im Sommer 2000: Der Berliner Robert Bartko gewinnt Olympisches Gold in der Einerverfolgung und wird Olympiasieger mit dem Vierer. Es ist der Höhepunkt in der Laufbahn des damals 24-Jährigen.
Nach dem Goldrausch von Sydney sagte Robert Bartko der Bahn Adieu und wurde Straßenprofi. Im deutschen Rennstall Team Telekom lernte er die Härte des Alltags eines Berufsrennfahrers kennen, quälte sich im Frühjahr über die Kopfsteinpflaster der belgischen Klassiker und im Sommer über die Berge
verschiedener Rundfahrten. Nach zwei Jahren tauschte Bartko das
magenta-farbene Trikot von Telekom gegen das orange-farbene des
niederländischen Rennstalls Rabobank und fuhr in dieser Saison beachtliche Erfolge ein, gewann beispielsweise das Einzelzeitfahren in der Luxemburg-Rundfahrt.
Jetzt kehrt der zweifache Olympiasieger von Sydney zurück auf die Bahn. „Die Verlegung der Titelkämpfe nach Stuttgart hat mir
die Entscheidung leicht gemacht“, freut sich Bartko auf die WM in der
Schwaben-Metropole. „Die lange Reise nach China hätte zu viel Stress bedeutet.“
Der Berliner fuhr Anfang Juli in Österreich das Etappenrennen Uniqa-Classic und bereitete sich ansonsten mit Trainingsfahrten um die Hauptstadt auf die Titelkämpfe vor. Seit Sonntag trainiert er in Frankfurt/Oder zusammen mit der Nationalmannschaft. Bundestrainer Bernd Dittert muss den Vierer erneut zu einer Einheit zusammenschweißen.
Dass Bartko lange Zeit keine Bahnrennen fuhr, ist kein Nachteil. „So etwas
verlernt man nicht. Das Feeling, die Technik, das ist da, das bleibt“, ist
Bartko sicher. „Wichtig ist, dass man frisch und ausgeruht auf die Bahn geht
“, sagt der Berliner, der als Straßenprofi noch mehr an Tempohärte gewonnen
hat.
„Die dortige Bahn ist eine reine Trainingsbahn des Bund Deutscher Radfahrer,
die alle Kaderathleten jederzeit nutzen können. Man muss auf keine
Veranstaltungen Rücksicht nehmen und kann praktisch ständig trainieren“,
beschreibt Bartko die Vorzüge seiner Trainingsbahn, die nur 120 Kilometer
von seinem Wohnort Potsdam entfernt ist. Dort bestand er vor wenigen Wochen
die Formüberprüfung durch den Bund Deutscher Radfahrer, denn auch ein
zweifacher Olympiasieger muss Qualitätskriterien erfüllen. Darauf hatte sich
Bartko in einem mehrtägigen Spezialtraining vorbereitet und anschließend die
Qualifikation auf dem Holzoval in Frankfurt/Oder ohne Probleme geschafft.
Mit 285 Metern entspricht die Piste von Frankfurt exakt den Maßen der
WM-Bahn von Stuttgart. „Wenn man was drauf hat, ist es allerdings egal, ob
die Bahn 250, oder 285 Meter hat“, weiß der erfahrene Profi, der in den
Trainingspausen vor dem Fernseher sitzt und beobachtet, wie sich Daniel
Becke in der Tour schlägt. Der Erfurter gehörte neben Bartko, Jens Lehmann
und Guido Fulst zum erfolgreichen Vierer, der in Sydney die Goldmedaille
gewann und wurde ebenfalls nach den Spielen Straßenprofi.
Daniel Becke, der im Mai bei den deutschen Meisterschaften überraschend Jens
Lehmann schlagen konnte, bestreitet derzeit die Tour de France und ist
Teamkollege von Jan Ullrich. Vor allem beim wichtigen Mannschaftszeitfahren
nutzte Ullrich die Kraft und Schnelligkeit des Erfurters, der großen Anteil
daran hatte, das Team Bianchi hinter US Postal und Once auf Rang drei zu
platzieren. In den vergangenen Tagen überstand Daniel Becke die schweren
Pyrenäenetappen und dürfte am kommenden Sonntag beim Finale in Paris dabei
sein. Drei Tage nach dem letzten Schlussspurt auf den Champs-Élysées
beginnen schon die Titelkämpfe in der Schleyer-Halle – eine extreme
Belastung.
Dass es aber funktionieren kann, bei Tour und Bahn-WM erfolgreich zu sein,
bewies der Australier Bradley McGee vor einem Jahr, als er nach seiner
Tour-Teilnahme in Kopenhagen Verfolgungsweltmeister wurde. Allerdings fanden
damals die Titelkämpfe vier Wochen nach der Tour de France statt. McGee ist
derzeit auch noch in Frankreich unterwegs. Zum Auftakt der Tour gewann er
das Prologzeitfahren und fuhr anschließend im Gelben Trikot.
Er will in Stuttgart seine Erfolgsserie fortsetzen, genau wie Bartko und
Becke mit ihren ehemaligen Mannschaftskollegen Guido Fulst und Jens Lehmann.
Der Goldvierer von Sydney geht auch in der Schleyer-Halle ganz bestimmt
wieder auf Medaillenjagd.
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