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Anschubhilfe: Rolf Aldag und Erik Zabel in Ahlen. Foto: Stefan Schwenke
30.04.2006 10:13
Zabel als Lokomotive: Aldag gewinnt sein eigenes Abschiedsrennen

Ahlen - Bei Freunden kommt es auf die Trikotfarbe nicht an: "Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass ich noch mal für einen T-Mobile-Fahrer den Spurt anziehe", sagte Erik Zabel, nachdem er Rolf Aldag als Anfahrer mustergültig zum Sieg in seinem letzten Rennen geführt hatte. Zabel, seit diesem Jahr beim Team Milram unter Vertrag, hatte wenige Runden vor Schluss den entscheidenden Ausreißversuch gestartet und war mit Aldag am Hinterrad davongefahren. "Das war unsere Taktik, ich hatte heute ganz viele Mannschaftskollegen mit unterschiedlichen Trikots, aber das wussten zum Glück die anderen nicht", schlug ein geschaffter aber glücklicher Aldag in die gleiche Kerbe.

Der tragische Tod des Seniorenfahrers war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. "Jens Voigt, Fabian Wegmann und Erik Zabel sind heute für mich gefahren, damit haben wir die anderen überrascht", so Aldag. Im Bewusstsein dieser Unterstützung konnte der 37-Jährige das Rennen vor großer Kulisse zunächst beruhigt im hinteren Teil des Rennens angehen. Die nach Angaben von Bürgermeister Benedikt Ruhmöller rund 10000 Zuschauer wunderten sich rundenlang, dass Aldag das Rennen zunächst mehr quatschend an der Seite langjähriger Freunde und Weggefährten wie Fabian Wegmann verbrachte, als vorne Angriffe abzuwehren. Nachdem ein stark auftrumpfender Milram-Express mit Enrico Poitschke, Ralf Grabsch, Björn Schröder und Martin Müller um ihren Kapitän Erik Zabel das Feld immer wieder kontrolliert hatten, begann das Rennen erst im Finale richtig. Bis dahin hatte vor allem Jens Voigt vom Team CSC mit seinen unnachahmlichen Angriffen und in den Wertungssprints für Tempo im Feld gesorgt.

Zu den Aktivposten des Rennens gehörte erwartungsgemäß auch Fabian Wegmann. Der Gerolsteiner-Profi aus Münster gab zwar hinterher offen zu, "ich habe mir natürlich gewünscht, das Rolf Aldag hier gewinnt", leicht machte er es dem Lokalmatador aber nicht. Wegmann organisierte eine Fluchtgruppe, zu der Aldag an der Seite von Jens Voigt erst nach rundenlanger Verfolgung aufschließen konnte. Als Zabel dann wenige Runden vor Schluss auf der Zielgerade antrat, hatten jedoch bis auf seinen Freund Rolf Aldag alle anderen Profis das Nachsehen. Der Rest war dann nur noch Formsache: Auf der Zielgerade konnte ein allerdings sichtlich gezeichneter Rolf Aldag schon vor der Ziellinie jubeln. Der Marathonlauf vom vergangenen Sonntag steckte noch in den Knochen. Als Dritter zeigte sich Bergfloh Fabian Wegmann mit Sprinterqualitäten. Der Träger des Bergtrikots der Tour de France holte sich im Spurt der Verfolger knapp Platz drei.

Im Rahmen der Ehrungen für Rolf Aldag war zum Abschiedsrennen viel Symbolik angesagt. Aus den Händen von Rudolf Scharping, Präsident des Bund Deutscher Radfahrer, und seines Vize Udo Sprenger, der auch schon die Pott’s-Leeze-Tour mitgefahren war, gab es den goldenen Nagel des Verbandes. "Eine Ehrung, die wir nur ganz selten vornehmen", so der ehemalige Bundesverteidungsminister. "Da kannst Du jetzt alles dranhängen, was Du nun nicht mehr brauchst." Viel dürfte das kaum sein. Der Radsportler, der den Radsport nicht nur durch seine Leistungen geprägt habe, sondern vor allem auch durch die Art, wie er seine Leistungen vollbracht habe, so Scharping, wird schließlich schon in drei Wochen auf Lanzarote seine Ironman-Premiere geben.

Ebenfalls äußerst symbolisch: Von Heinz Seesing, dem Organisator des Berliner Sechstagerennens, gab’s die Glocke, mit der im Frühjahr Aldags Frau Eva im Berliner Velodrom die letzte Bahnrunde des zehnfachen Sechstagesiegers eingeläutet hat. Unter den Gästen an der Strecke gab es auch neben Scharping und Sprenger noch reichlich Radsport-Prominenz. Der langjährige ZDF- und Eurosport-Kommentator Klaus Angermann sprach wohl stellvertretend für die meisten, als er Aldag mitteilte: "Ein ganz Großer des deutschen Radsports feiert heute seinen Abschied, es ist mir eine Ehre, dass ich hier in Ahlen dabei sein kann."

Überschattet wurde das Radrennen in Ahlen von einem tödlichen Unfall. Ein 40-jähriger Rennportler war in der letzten Runde des Rennens der Senioren im Bereich einer Verkehrsinsel gestürzt und erlag wenig später in der Barbaraklinik in Heessen seinen schweren Kopfverletzungen. Ein weiterer ebenfalls 40-jähriger Radsportler, der mit in den Sturz verwickelt war, wurde zur ambulaten Behandlung seiner Schulter und Knieverletzungen in das Ahlener Krankenhaus gebracht.

Die Unfallursache konnte bislang nicht geklärt werden. Die Staatsanwaltschaft hat weiter Ermittlungen der Polizei veranlasst. Zur Versorgunge des schwer verletzten Fahrers war am gestrigen Nachmittag auch ein Rettungshubschrauber im Einsatz. Auf Grund der Schwere seiner Kopfverletzungen war der Transport mit dem Hubschrauber allerdings nicht möglich.

Rolf Aldag zeigte sich tief betroffen von den Folgen des Unfalls. "Meine Anteilnahme gilt der Familie des Verunglückten." Ähnlich äußerte sich auch Ahlens Bürgermeister Benedikt Ruhmöller: "Dieser dramatisch Sturz wirft einen schrecklichen Schatten auf eine ansonsten gelungen Veranstaltung", so Ruhmöller.
Text: Stefan Schwenke

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