San Remo (dpa) - Nach der sensationellen juristischen Wende sondiert der seit einem Jahr wegen Dopings gesperrte deutsche Radprofi Danilo Hondo bereits die ersten Angebote im internationalen Renngeschäft.
Der jetzt besonders gefragte Radweltverband UCI und interessierte Teams bemühen dagegen zunächst ihre Rechtsabteilungen, um das Urteil des Obersten Schweizer Kantonsgericht von Waadt im Dopingfall Hondo exakt zu interpretieren. Der vor Optimismus sprühende gebürtige Cottbuser dagegen ist obenauf: «Ich beantrage zum 1. April eine neue Lizenz und hoffe, damit ich im kommenden Monat in einem ProTour-Team wieder Rennen fahren kann. Mein Manager Tony Rominger ist in Kontakt mit der UCI und interessierten Sportgruppen», sagte der offensichtlich trotz langer Zwangspause immer noch gefragte Sprinter am Wochenende in seinem Trainingslager auf Mallorca.
Hondos früherer Arbeitgeber Gerolsteiner mahnte dagegen zur Zurückhaltung, die Komplexität des Richterspruchs müsse nach allen Seiten abgesichert sein, bevor «wir tätig werden könnten». Team-Manager Hans-Michael Holczer: «Bevor wir vom Weltverband UCI nichts Schriftliches zu diesem Urteil haben, werden wir nicht aktiv werden.» Auch der Dachverband schickt seine Rechtsvertreter in die Spur. «Die Angelegenheit liegt bei unseren Anwälten», erklärte UCI-Sprecher Enrico Carpani in San Remo. Auslöser des Falles Hondo waren zwei positive Doping-Proben auf das Aufputschmittel Carphedon aus der Murcia-Rundfahrt vom März 2005.
Das Kantonsgericht hatte das Doping-Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes CAS vom 10. Januar völlig überraschend im Wege einer Einstweiligen Verfügung ausgesetzt und damit für Furore im internationalen Radsport gesorgt: Zum ersten Mal wurde damit das Urteil eines Sport-Tribunals durch eine Entscheidung eines ordentlichen Gerichtes zunächst einmal aufgehoben.«Ich bin vorsichtig mit solchen Worten, aber das ist wohl eine Sensation. Dieses Urteil könnte Einfluss auf den gesamten Anti-Doping-Code der WADA haben», sagte Hondo-Anwalt Michael Lehner.
In dem Doping-Fall gab es einige Ungereimtheiten, auf die auch der als vehementer Doping-Kritiker bekannte Molekularbiologe Werner Franke hingewiesen und für den Radprofi Partei ergriffen hatte. Das Gericht hatte diese Zweifel auch und folgte dem Antrag des Hondo-Verteidigers. Der Richterspruch hat nach dessen Angaben vorerst aufschiebende Wirkung, ein endgültiges Urteil des Kantonsgerichts werde in sechs Monaten - nach Ende der Saison - erwartet. De facto steht aber fest: «Hondo kann ab sofort wieder Rennen fahren», sagte der Heidelberger Jurist.
Zweifel an der Anerkennung des neuen Urteils durch die UCI in Aigle hat Lehner kaum: «Es gibt keine Rechtsmittel dagegen. Die UCI muss es akzeptieren.» Der Anwalt drohte sicherheitshalber mit möglichen Schadenersatzforderungen. «Hondo-Manager Rominger verhandelt mit dem zuständigen ProTour-Beauftragten Alain Rumpf. Da halte ich mich zurück. Wenn von der UCI aber ein Nein kommen sollte, komme ich», drohte der Anwalt.
Urteile des zuständigen Schweizer Verbandes (Sperre bis 31. März 2006) und des CAS auf Antrag der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA (Sperre bis 2007) konnten Hondo nur im Wettkampf bremsen: «Ich war immer im Training und traue mir zu, schnell wieder vorne mit zu fahren. Ich habe jetzt eine besondere Motivation, die mich beflügeln wird. Auch die Tour de France ist wieder in Reichweite.» Mit «fast unverständlicher Akribie» habe Hondo seit einem Jahr weiter trainiert, sagte sein ehemaliger Teamchef Holczer.
Hondos früherer Arbeitgeber Telekom (jetzt T-Mobile) tritt ähnlich wie Holczer vorerst noch auf die Bremse. «Hondo ist zur Zeit überhaupt kein Thema. Es ist nicht damit zu rechnen, dass er in dieser Saison wieder bei uns fährt», erklärte T-Mobile-Teamsprecher Christian Frommert, auch wenn Hondo auf Mallorca vorrechnete: «Die haben einen Kader von 29 und hätten noch einen Platz frei.» Am 21. März zum 5. Geburtstag seiner Tochter kehrt Hondo von Mallorca an seinen Wohnort nach Ascona/Schweiz zurück.