Lüttich (dpa) - Weder Jacques Anquetil, noch Eddy Merckx, Bernard Hinault oder Miguel Indurain haben es geschafft. Das verflixte sechste Mal wurde allen zum Verhängnis. Lance Armstrong will als erster Radprofi die seit 1903 gefahrene Tour de France zum sechsten Mal gewinnen.
«Am 25. Juli in Paris nicht ganz oben auf dem Podium zu stehen, wäre der absolute Albtraum», sagte der 32-jährige Texaner, der bei der Tour de France auf Rekorfahrt geht. Der geheilte Krebspatient und der Spanier Indurain, den der Däne Bjarne Riis 1996 am sechsten Triumph hinderte, sind die einzigen der fünf Fünffach-Sieger, die ihre Serie ohne Unterbrechung schafften: Armstrong von 1999 bis 2003, Indurain von 1991 bis 95. Die anderen, selbst der als «Kannibale» bekannte Eddy Merckx, mit 525 Siegen erfolgreichster Radprofi aller Zeiten, brauchte für die Fahrt auf den Tour-Olymp länger.
Jacques Anquetil, der Bauernsohn aus der Normandie, gewann zwischen 1957 und 1964 als erster die «Große Schleife» fünf Mal. Seinen letzten Versuch startete der starke Zeitfahrer 1966 - und musste verletzt passen. 1987 starb er an Magenkrebs. In diesem Frühjahr wurden Details aus seinem zum Teil bizarren Familien-Leben bekannt, als seine Stief-Tochter, die ihm auch ein Kind gebar, ihre Biografie vorlegte.
Ihm folgte in der Phalanx der «Unsterblichen» Merckx. Seine Toursiege lagen zwischen 1969 und 1974. 1975 war der unbezwingbar scheinende Belgier auf dem bestem Weg zum sechsten Erfolg. Merckx griff auf der 15. Etappe im Gelben Trikot an, hatte sich aber auf dem Weg nach Pra Loup überschätzt. Bernard Thévenet (Frankreich) holte ihn wenige Kilometer vor dem Ziel ein, besiegte ihn und stürzte ihn vom Tour-Thron. 1977 startete Merckx, seit den 80er Jahren Fahrrad- Produzent, zum letzten Mal und wurde Sechster. Ein Rekord bleibt dem heute 59-Jährigen: 96 Tage im Gelben Trikot schaffte sonst keiner.
Bernard Hinault, der «Dachs», wie die Franzosen den sturen Bretonen nannten, versuchte sich 1986 nach Erfolgen zwischen 1978 und 1985 am sechsten Sieg. Gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich an sein Versprechen aus dem Vorjahr, seinem Team-Kollegen Greg LeMond (USA), der 1985 auf seinen ersten möglichen Tour-Erfolg ähnlich wie Ullrich 1996 bei seinem Debüt verzichtet hatte, zum Tour-Sieg zu verhelfen. Eigene Schwäche auf einer wahnwitzigen Pyrenäen-Attacke und massive Interventionen der Teamleitungen brachten Hinault (49), seit seinem Rücktritt im Tour-Management tätig, auf den Pfad der Tugend zurück.
Am lockersten ging der elegante Indurain mit seiner Niederlage um. Nachdem er von Riis und Ullrich fast vorgeführt wurde, schien er 1996 auch mit Rang elf in Paris so zufrieden wie mit einem sechsten Sieg. Im Anschluss fuhr Indurain ungewollt, auf Stallorder, noch die Vuelta, gab aber nach der Hälfte auf. Im Dezember erklärte er im Alter von 32 Jahren seinen Rücktritt. Heute vertreibt der der 39-jährige Familienvater Sportartikel, ist Repräsentant des Weltverbandes und Hobby-Journalist bei der Tour.