Köln/Roubaix (dpa) - Das Cofidis-Team, seit Januar im Mittelpunkt einer Doping-Affäre im Radsport, tritt auf die Notbremse und hofft weiter auf die Tour de France. Nach der vorläufigen Abmeldung aus dem Sportbetrieb und dem Verzicht auf den Klassiker Paris - Roubaix plant die arg bedrängte französische Profi-Equipe offenbar einen Neuanfang mit unbescholtenem Personal.
Die Tür zum Saisonhöhepunkt bleibt noch geöffnet. «Die Zeit drängt nicht, uns zu entscheiden, ob die Starterlaubnis zurückgezogen wird», erklärte Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc. Nach dem Doping-Geständnis des ehemaligen «Kelme»-Profis Jésus Manzano hatte der mächtige Rundfahrt-Chef die Spanier vor zwei Wochen von der Startliste gestrichen.
Die französische Sportzeitung «L'Equipe» hatte aus einem 3000-Seiten-Dossier des im Dopingfall gegen das Team ermittelnden Richters zitiert. Darin wurden Cofidis-Arzt Jean-Jacques Menuet, der Mediziner des französischen Verbandes, Armand Mégret, und weitere Personen schwer belastet, die Teamleitung reagierte mit dem vorläufigen Wettkampf-Stopp. «Jetzt geht der Mist wieder los», reagierte Jan Ullrich in Köln auf die unerfreulichen Nachrichten aus dem Nachbarland, die «dem Radsport wieder großen Schaden zufügen».
T-Mobile-Manager Walter Godefroot und UCI-Präsident Hein Verbruggen waren eher skeptisch, was die Aussagen des Kronzeugen Philippe Gaumont betraf. Der im Februar suspendierte Profi hatte auch seinen Team-Kollegen, den Zeitfahr-Weltmeister David Millar (Schottland), beschuldigt. Gaumont und Manzano seien - wie sie selbst eingestanden hätten - Betrüger, erklärte der Präsident des Weltverbandes.
«Sie haben über Jahre betrogen und sind deshalb nicht automatisch vertrauenswürdig, wenn sie andere anklagen», sagte Verbruggen. Ähnlich äußerte sich Godefroot: Gaumonts Vergangenheit als überführter Doping-Benutzer spreche nicht unbedingt für seine Glaubwürdigkeit. «Für mich hat die Sache nicht die Ausmaße der Festina-Affäre 1998. Es handelt sich um Verfehlungen Einzelner», sagte der Belgier und glaubt offensichtlich nicht an organisiertes Doping bei Cofidis.
In der Affäre wurden bisher acht Personen unter Anklage gestellt, darunter Gaumont und Cedric Vasseur, ehemaliger Träger des Gelben Trikots bei der Tour. Gaumont klagte in seinem umfassenden Geständnis den Teamarzt an, aktiv am Doping beteiligt gewesen zu sein. Menuet betreut auch französische Leichtathleten.
Zum ersten Mal wurde auch der für Cofidis fahrende Millar, der bei der vergangenen Tour das abschließende Zeitfahren in Nantes gewonnen hatte, beschuldigt. Gaumont sei angehalten worden, der speziellen «Millar-Präparation» vor Zeitfahren zu folgen und die gleichen Medikamente zu benutzen. «Menuet hat mir eine Spritze gegeben», hatte Gaumont vor dem Richter Richard Pallain ausgesagt. Der verdächtigte Weltmeister und Olympia-Kandidat, der sich vom Weltcup in Manchester zurückziehen musste, ließ ausrichten: «Ich akzeptiere die Entscheidung meines Teams, vorerst nicht mehr zu starten».
Die Spitzen des Rennstalls des Zeitarbeits-Anbieters, in deren Reihen auch Straßen-Weltmeister Igor Astarloa (Spanien) fährt, trafen sich am Sonntag und planen offenbar einen Neuanfang mit jungen, unbelasteten Fahrern. «In vier bis sechs Wochen könnten wir wiederkommen - und dann sind wir der sauberste Rennstall der Welt», prophezeite Cofidis-Sprinter Jimmy Casper.