München (dpa) - Die genaue Rolle des wichtigsten Beraters Rudy Pevenage ist weiter ungeklärt, mit seinem ehemaligen Team Bianchi streitet er ums Geld: Trotzdem gibt sich Jan Ullrich eine Woche nach dem Trainingsstart zuversichtlich und sagt seinem Konkurrenten Lance Armstrong einen harten Kampf an.
«Ich bin noch nicht ausgereizt. Ich kann noch mehr Trainingskilometer fahren und damit noch besser werden», sagte der Olympiasieger und fünffache Tour-Zweite acht Monate vor dem Start der Frankreich-Rundfahrt.
Einen Monat früher als sonst begann Ullrich mit dem Training, auch um den Seriensieger aus Texas in diesem Jahr endlich zu besiegen: «Irgendwann muss es mir ja mal gelingen, die optimale Form zu haben.» Der Toursieger von 1997, zum Start des Sechstagerennens zu Gast in München, hofft auf die erfolgreichste Saison seiner dann zehnjährigen Profi-Laufbahn: Neben dem Sieg bei der Tour träumt Ullrich von zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Athen.
Eine Schlüsselrolle auf dem Weg zurück auf den Rad-Thron in Frankreich, den er 1997 durch den ersten Tour-Sieg eines Deutschen bestiegen hatte, könnte sein Betreuer Pevenage einnehmen. Doch für den 49-jährigen Belgier gibt es immer noch keinen festen Posten in der geplanten Zusammenarbeit. «Es sieht so aus, dass er mich auf alle Fälle begleiten wird», erklärte Ullrich. «Wie genau, dass weiß ich noch nicht.»
Auch die Frage, auf wessen Gehaltsliste Pevenage stehen wird, ist immer noch nicht geklärt. Ullrich baut jedenfalls fest auf die Unterstützung durch den Flamen: «Ich hoffe, dass er auch ein bisschen mehr integriert wird.» Eine Entscheidung über Art und Umfang der Kooperation könnte beim anstehenden T-Mobile-Mannschafts-Treffen in zwei Wochen in Köln fallen. Allerdings müsste dafür Team-Manager Walter Godefroot, mit Pevenage heftig zerstritten, weiteres Entgegenkommen praktizieren.
In Köln will Ullrich auch sein Vorbereitungsprogramm mit dem Team absprechen. «Ich habe dieses Jahr gezeigt: Wenn ich alleine oder mit meinem engsten Kreis entscheide, dass ich dann gut fahre», sagte der in der Schweiz ansässige Radprofi. Im Dezember will Ullrich «kurzfristig» über ein Trainingslager in Südafrika, Nizza oder auf Mallorca entscheiden. Im Januar geht es mit T-Mobile ins 14-tägige Trainingslager nach Mallorca. Mit der dortigen Rundfahrt Anfang Februar will er in die Saison starten. Als erste Frühjahrsklassiker hat Ullrich das Amstel-Gold-Race und Lüttich-Bastogne-Lüttich Ende April im Auge. Der Giro spielt «nur vor dem Fernseher» eine Rolle.
Die Vorbereitung auf die Saison begann er vor einer Woche am Bodensee. Fünf Kilo hatte Ullrich in seiner sechswöchigen Pause zugelegt («Das ist ganz normal»), bevor er wieder sein Dienstfahrzeug bestieg. «Wenn man auf dem Rad sitzt, weiß man, was einem bevorsteht.» Mit seinen Team-Kollegen Andreas Klöden, Tobias Steinhauser, André Korff und Matthias Keßler bildet der T-Mobile-Kapitän eine Trainingsgruppe: «Wir haben eine Menge Spaß.»
Probleme gibt es zur Zeit noch mit seinem ehemaligen Rennstall Bianchi, der erst im Mai als Coast-Nachfolger auf die Bühne trat. Sein bisheriger Arbeitgeber hat die Zahlungen gestoppt, dem Vernehmen nach hat Ullrich noch mehrere hunderttausend Euro zu bekommen. «Es gibt noch Schwierigkeiten. Ich hoffe, dass die in nächster Zukunft gelöst werden können», sagte er. Zur Zeit kümmerten sich Anwälte um die Sache, sagte Ullrich, vertraglich noch bis 31. Dezember an Bianchi gebunden.