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Joseba Beloki wird am Hospital in Gap vorsichtig aus dem Rettungswagen gehoben.
14.07.2003 19:07
Tour-Drama: Winokurow siegt, Beloki stürzt schwer

Gap (dpa) - Lance Armstrong hat die Alpen trotz einer unfreiwilligen Querfeldeinfahrt als Folge eines schweren Sturzes des Spaniers Joseba Beloki im Gelben Trikot verlassen. Doch scheint der vierfache Toursieger den Nimbus der Unantastbarkeit verloren zu haben.

Diesen Eindruck hinterließ der Spitzenreiter der 90. Tour de France auf den ersten drei Berg-Etappen, auf denen Jan Ullrich nur am Vortag in L' Alpe d'Huez 1:24 Minuten auf den Texaner einbüßte. Seine Magenprobleme schienen vergessen und der Olympiasieger versprühte Optimismus: «Ich habe das Gefühl, dass es jetzt besser geht. Für die kommenden Pyrenäen-Etappen bin ich zuversichtlich.»

Auf der 9. Tour-Etappe am französischen Nationalfeiertag über 184,5 km von Bourg d'Oisans nach Gap feierte der Telekom-Profi Alexander Winokurow (Kasachstan) seinen ersten Etappenerfolg im Alleingang 36 Sekunden vor Paolo Bettini, Armstrong und Ullrich. Im Gesamtklassement rückte er auf Rang zwei 21 Sekunden hinter Armstrong und kam damit seinem Vorhaben, in Paris auf's Treppchen zu kommen, einen Schritt näher.

Auf der Verfolgung von Winokurow war der Vorjahres-Zweite Beloki bei einer wilden Abfahrt unmittelbar vor Armstrong in einer Kurve schwer gestürzt. Der Texaner konnte mit Mühe ausweichen und fuhr in Querfeldein-Manier über ein Feld in einem großen Bogen wieder auf die Strecke. Beloki liegt auf der Intensivstation des Krankenhauses von Gap und erlitt nach ersten Diagnosen einen Oberschenkelhalsbruch im rechten Bein sowie ein Bruch des rechten Handgelenks. Durch diese ungewöhnliche Unterbrechung in der Verfolgung drohte Winokurow, vor der Tour Gewinner der Tour de Suisse, am Ende keine Gefahr mehr auf dem Weg ins glühend heiße Gap.

«Das war von mir ein Überlebensreflex, so auszuweichen und über das Feld zu fahren», sagte Armstrong. «Ich hatte Panik.» Die Jury sah von einer Bestrafung wegen Strecken-Abkürzung ab, weil sich der Träger des Gelben Trikots dadurch keinen Vorteil verschafft hatte.

Jörg Jaksche, im dritten Jahr bei Once, setzte seine Topleistungen bei der Jubiläums-Tour fort. Als zweitbester Deutscher hinter Ullrich, der auf Rang sechs in der Gesamtwertung steht, rangiert er zwar nicht mehr unter den Top-Ten, weil er mehrere Minuten beim gestürzten Team-Kollegen Beloki am Straßenrand stehen blieb, stand auf der 9. Etappe aber oft im Mittelpunkt. Auf der letzten Alpen-Etappe wurde er von seinem Teamchef Manolo Saiz schon früh zum Attackieren auf die Reise geschickt und fuhr dabei eine Zeit lang - zumindest virtuell - im Gelben Trikot. «Was ich heute geleistet habe, war sicher ganz gut. Aber das mit Beloki ist ein Schock für unser Team. Das trifft uns tief», sagte Jaksche, der seine Chancen um einen Spitzenplatz einbüßte.

«Auf solch einen Erfolg bei der Tour habe ich lange warten müssen - ich bin glücklich. Ob Armstrong in diesem Jahr zu schlagen ist, müssen die Pyrenäen zeigen», sagte Winokurow, der 10 km vor dem Ziel aus der Armstrong-Gruppe heraus attackiert hatte. «Alle hatten die letzte Bergwertung unterschätzt. Auf der Verfolgung Winokurows gingen alle wohl zu viel Risiko ein und Lance musste eine Cross-Einlage hinlegen. Mit Rücksicht auf den gestürzten Beloki habe ich auf Winokurows Verfolgung kein Tempo mehr gemacht. Das wäre unfair gewesen», erklärte Ullrich im Ziel.

Auf der ersten von vier Steigungen hatte Jaksche zusammen mit Ullrich-Helfer Aitor Garmendia (Spanien) und anderen eine Spitzengruppe gebildet. Auf dem 2360 Meter hohen Izoard hatte die Gruppe schon nach der Hälfte der Gesamt-Distanz so viel Vorsprung, dass Jaksche, der sich in der Höhe von St. Moritz auf die Tour vorbereitete, theoretisch an der Spitze lag. Doch im Finale wurden sie von dem US-Postal-Schnellzug Lance Armstrongs eingeholt.

«In Gelb gegen Alle», hatte die «L'Equipe» getitelt und damit die Situation des vierfachen Toursiegers Armstrong beschrieben, der sich auf der «Königsetappe» nach L'Alpe d'Huez einer Allianz von Gegnern wie noch nie gegenüber sah. Dabei machte der Texaner nicht mehr den souveränen und unantastbaren Eindruck der vergangenen Jahre und hatte selbst zugegeben: «Ich bin nicht mehr so stark wie sonst und hätte mir vorher nicht träumen lassen, so zu leiden wie heute.» Am Montag wollte er diesen Eindruck etwas verwischen und war sogar auf einen Etappensieg aus. Winokurow und der Sturz Belokis machten ihm einen Strich durch die Rechnung.


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