Frankfurt (dpa) - Nach dem Finale des Radsport-Frühjahrs in
Frankfurt beginnt für Jan Ullrich die heiße Phase der Vorbereitung auf die
Tour. Fünf Wettkampf-Termine hat der 29-jährige Olympiasieger noch, bevor er
am 5. Juli in Paris nach einem Jahr Tour-Pause wieder am Start stehen will.
«Ich habe in der Vorbereitung noch Lücken. Da werde ich einige
Tour-Etappen abfahren», sagte Ullrich, der mit dieser Methode auf den Spuren
des vierfachen Tour-Siegers Lance Armstrong wandelt. Allerdings bremst sein
Betreuer Rudy Pevenage seinen Ehrgeiz: «Mal sehen, ob noch Zeit bleibt. Vor
seinem Toursieg 1997 hat Jan die Strecken auch nicht inspiziert.»
Ullrichs rasanter Formaufbau bei seinem bemerkenswerten Comeback
und eine offensichtlich professionellere Einstellung lassen die Hoffnungen bei
Fans und manchen Experten ins Kraut schießen. «Seine Klasse kann er ohnehin
nicht verlieren. Dazu sind Motivation und Spaß zurückgekommen. Ihm ist bei der
Tour alles zuzutrauen», meinte sein alter Team-Kollege Erik Zabel. Die öffentliche
Zurückhaltung seines Rennstalls Coast beim Ausloten der Tour-Chancen dient in
erster Linie dazu, unnötigen Druck auf Ullrich zu vermeiden. Allerdings fürchtet
der Überraschungs-Sieger von «Rund um Köln» nach seiner 14-monatigen
Zwangspause das «Loch im Formaufbau, das kommen wird».
Schon jetzt macht sich Pevenage beim Überdenken des neunköpfigen
Tour-Teams von Coast heftig Gedanken über das Mannschafts-Zeitfahren in
Frankreich - ein Beweis dafür, dass das Gesamtklassement sehr wohl in Ullrichs
Blickwinkel liegen wird. Bei Pevenages virtueller Tour-Aufstellung haben starke
einheimische Zeitfahrer bei Coast neben den vier gesetzten Spaniern Angel
Casero, David Plaza, Aitor Garmendia und Manuel Beltran Vorrang.
Bahn-Olympiasieger Daniel Becke (Erfurt), Tobias Steinhauser (Lindenberg) und
Thomas Liese (Leipzig) haben das erste Tour-Ticket ihrer Karriere so gut wie in
der Tasche. Pevenage: «Sprinter nehmen wir nicht mit.»
Die finanziellen Turbulenzen, die sein Coast-Team zu Beginn des
vergangenen Monats fast in den Konkurs getrieben hätten, scheinen ausgestanden
- jedenfalls für Ullrich: «Das ist jetzt abgehakt. Ich habe in der schwierigen
Zeit versucht, mich auf das Sportliche zu konzentrieren. Um den Rest haben sich
andere gekümmert. In den letzten zwei, drei Wochen habe ich nicht mehr daran
gedacht, das Team zu wechseln.»