St. Étienne (dpa) - Als Marcus Burghardt seine Krankenakte endgültig geschlossen und die Columbia-Erfolgsgeschichte fortgeschrieben hatte, fiel seinem Sportdirektor Rolf Aldag ein Stein vom Herzen.
Denn die Berufung des 25-jährigen Sachsen in das Tour-Aufgebot des starken T-Mobile-Nachfolgers war alles andere als selbstverständlich. Nach einem Trainingsunfall im Januar laborierte Burghardt monatelang an einer Sehnenentzündung im Knie und musste die von ihm geliebten Frühjahrs-Klassiker sausenlassen. «Er hatte vor der Tour nur 30 bis 35 Renntage in den Beinen. Deshalb war seine Nominierung ein Risiko», sagte Aldag, nachdem der Radprofi aus Chemnitz in St. Étienne für den fünften Columbia- Tageserfolg bei der 95. Tour de France gesorgt hatte.
Zuvor war Burghardt vor allem als Edelhelfer für seinen Kapitän Kim Kirchen und als Anfahrer für den neuen Sprint-König Mark Cavendish, der die Tour nach seinen vier Etappensiegen schon wieder verlassen hat, an der Spitze des Pelotons in Erscheinung getreten. «Dadurch ist er während der Tour zu einem Fernsehstar geworden», scherzte sein Teamchef Bob Stapleton. Für die letzte Tour-Woche hatte der lange Sachse dann einen Freifahrtschein - und nutzte seine Chance nach langer Flucht an der Seite seines im Finale gedemütigten Rivalen Carlos Barredo aus Spanien. «Ich wusste, in der letzten Woche kommt meine Chance. Das war mit der Teamleitung so abgesprochen», verriet Burghardt, der am Donnerstag auch als kämpferischster Fahrer ausgezeichnet wurde.
Der Respekt seiner Kollegen ist «Boogie» Burghardt schon lange gewiss. «Er ist wie ein Hund, der dich die ganze Zeit attackiert», gab der belgische Ex-Weltmeister Tom Boonen über den 25-Jährigen einmal zum Besten. Auch von Aldag gab es ein ungewöhnliches Lob: «Wir haben ihn mitgenommen, weil er nie kaputt geht.»
Als bisher größten Erfolg hatte der Blondschopf 2007 den Sieg beim belgischen Klassiker Gent-Wevelgem vorzuweisen. Zigmal schaute er sich anschließend seinen Coup auf Video an. Das dürfte auch nach seinem Streich von St. Étienne wieder so sein, wie Burghardt bereits andeutete: «Ich kann es kaum glauben, dass mir jetzt auch ein Tour- Sieg geglückt ist. An diesen Erfolg werde ich mich noch lange erinnern können.»