Düsseldorf (dpa) - Eine Zehntelsekunde fehlte Linus Gerdemann in Düsseldorf gegen den Russen Waldimir Gusew zum Auftakt- Sieg bei der Deutschland-Tour.
Trotzdem unterstrich der 23-jährige T-Mobile-Neuling eindrucksvoll seine Ambitionen, bei den Bonnern langfristig die Lücke zu schließen, die Jan Ullrich hinterlassen hat. Die große deutsche Hoffnung in schweren Zeiten verpasste seinen wichtigsten Karriereerfolg nur um einen Hauch.
Gusew, Gewinner der Sachsen-Tour, fuhr über die 5,5 Prolog-Kilometer durch die Innenstadt in 6:42:61 Minuten die Bestzeit knapp vor Gerdemann und dem deutschen Zeitfahrmeister Sebastian Lang (Erfurt/6:43:71). Diesen Platz hatte der Profi aus dem Team Gerolsteiner auch beim ersten großen Zeitfahren der Tour de France vor vier Wochen in Rennes belegt. Ein Bruch des für das Zeitfahren montierten Lenkervorbaus zwei Kilometer vor dem Ziel verhinderte ein besseres Ergebnis.
Vorjahressieger Levi Leipheimer (USA), der in der kommenden Saison von Gerolsteiner zu Discovery wechselt, wirkte lustlos und brauchte 7:23 Minuten. Mitfavorit Alexander Winokurow (Kasachstan), der bei der Tour nicht antreten durfte, machte in 6:52 Minuten eine gute Figur.
«Eigentlich liegen mir fünf Kilometer nicht so, ich habe längere strecken lieber. Aber es lief heute gut bei mir. Ich habe mich auf die Deutschland-Tour gut vorbereitet. Mal sehen, was am Ende herauskommt», sagte Gerdemann, der im Vorjahr vom dänischen CSC-Team, in dem er zum Auftakt seiner Profi-Karriere mit einem Etappensieg bei der Tour de Suisse von sich reden machte, nach Bonn wechselte. Gerdemann hatte Glück und konnte - im Gegensatz zu vielen Konkurrenten, zum Beispiel auch Gusew - im Trockenen fahren.
Passend zur Stimmung im Krisen geschüttelten Radsport hatte es zum Auftakt der neuntägigen Deutschland-Tour, die nach 1390 Kilometern am 9. August in Karlsruhe zu Ende geht, bei niedrigen Temperaturen gestürmt und geregnet. Nur ab und zu kam die Sonne für kurze Zeit durch. Den widrigen Witterungsbedingungen hatte Stefan Schumacher, einer der Favoriten für den Gesamtsieg, am Dienstag seinen folgenschweren Fehlstart zu verdanken.
Der Profi vom Team Gerolsteiner, der beim Giro d'Italia zwei Etappen gewann und das Rosa Trikot trug, stürzte in der zweiten Kurve des schwierigen Parcours, der teilweise am Rhein entlang führte. Danach sprang ihm die Kette vom Blatt und er musste einen Radwechsel vornehmen. Der eine Minute nach ihm gestartet Marcus Hungerbühler aus der Schweiz raste an ihm vorbei - das passiert bei einem Prolog über diese Distanz sehr selten.
Im Feld der 176 Starter landete Schumacher als drittletzter mit 1:28 Minuten Rückstand weit abgeschlagen und büßte viele Chancen auf einen möglichen Gesamtsieg ein. «Ich bin total frustriert. Andere Fahrer hatten mich vorher gewarnt, und ich bin auch total vorsichtig in die Kurve gegangen, aber es war wie auf Glatteis. Ich werde mich wohl jetzt auf Etappensiege konzentrieren müssen», sagte der Schwabe aus Nürtingen, der neben Gerdemann und Patrik Sinkewitz (29./19 Sek. Rückstand) zu den großen Hoffnungsträgern des deutschen Radsports zählt. Dabei war aber sicher ein wenig Tiefstapelei im Spiel.