La Toussuire (dpa) - Floyd Landis kämpfte gegen den Berg - und verlor. Wortlos und sichtlich zerknirscht ging er im Ziel in La Toussouire an den Journalisten vorbei, verlor kein Wort, wirkte abwesend. Nur mühsam konnten Sicherheitsleute ihm den Weg bis zum Mannschaftshotel bahnen.
Dabei hatte Landis bislang als Favorit der Tour de France gegolten. Doch dem 30-jährigen Amerikaner wurde die Last der Erwartungen offenbar zu schwer. Wann immer auf der 93. Tour de France die Rede vom Rundfahrt-Favoriten war, schwebte der Schatten des siebenmaligen Tour-Siegers Lance Armstrong im Hintergrund. Beim Aufstieg auf die Savoyer Alpen brach Landis ein und musste seine Hoffnungen auf den Sieg begraben.
Noch am Vortag, als Armstrong bei der schwierigen Bergetappe nach L'Alpe d'Huez zur Stippvisite bei der Tour war, sprach er davon, wie wichtig es für den US-Radsport wäre, wenn wieder ein Amerikaner auf den obersten Podiumsplatz in Paris stiege.
Doch was wie eine Ermunterung klang, erwies sich für Landis offenbar als Belastung. «Armstrong kann alles auf dieser Tour sagen, aber er soll uns bitte nicht mehr stören», hatte Phonak-Sportchef John Lelangue die als Einmischung empfundenen Äußerungen des einstigen Profis zurückgewiesen. Denn anders als der Tour-Rekordsieger, der sich mit seinem aggressiven Stil den Ruf des charismatischen Kämpfers erwarb, hatte sich der 30-jährige Landis nicht gerade als zupackender Fahrer verkauft. Der Amerikaner, der als Helfer an drei Toursiegen Armstrongs beteiligt war, gewann noch nie eine Etappe.
Eher durch Abwarten und Kalkül gelang es dem Rotschopf mit seinem Phonak-Team das Gelbe Trikot bei seiner fünften Tour erstmals zu ergattern, das er nach nur einer Etappe wieder verlor. «Wichtig ist, wer am 23. Juli in Paris Gelb trägt, nicht wer eine Etappe gewinnt», hatte sich der Mann aus Pennsylvania noch vor ein paar Tagen gelassen gezeigt. Und auch bei dem zweiten Anlauf auf die Gesamtspitze bei der ersten Alpenetappe begnügte sich Landis damit, seinen Konkurrenten Andreas Klöden unter Kontrolle zu halten - um sich mit 10 Sekunden Vorsprung vor dem Spanier Oscar Pereiro das «Maillot Jaune« zu sichern.
«Radrennen ist ein taktisches Spiel», begründete Landis seine Zurückhaltung, «man muss seinem Team unnötige Anstrengungen ersparen. Ich werde nicht mehr angreifen», gab er zu Protokoll. Landis hatte sich 2004 vom Discovery-Channel-Team getrennt, weil er nicht mehr Amstrongs Diener sein wollte. «Armstrong ist einer dieser Texaner, die nur an Geld denken», beschwerte sich Landis, der in einer streng religiösen Mennoniten-Gemeinschaft aufwuchs und sich seinem Glauben noch immer eng verbunden fühlt.
Seitdem galt das Verhältnis zwischen beiden als gestört. «Von mir hast Du nichts zu befürchten, ich trete zurück. Aber meine Mannschaft wird Dich nie in Ruhe lassen», gab Armstrong vor seinem Rückzug dem Phonak-Kapitän mit auf den Weg. Die Drohung ist für diese Tour erst einmal abgehakt. In den Sternen steht, ob es für den Taktiker Landis eine zweite Chance geben wird: Zum Jahresende muss er sich einer schwierigen Hüftoperation unterziehen.