Madrid (dpa) - Der Name ist kein Programm: Regina Schleicher hat mit dem Regenbogen-Trikot der Weltmeisterin eindrucksvoll untermauert, die schnellste Frau der Welt zu sein.
Die 31-jährige Profi-Radfahrerin aus dem Team Nürnberger Versicherung trat vor dem Bernabeu-Stadion in Madrid die Nachfolge der Leipzigerin Judith Arndt an. Vorbildliches Teamwork ebnete ihr den Weg. Im Finale nach 126 Kilometern opferte sich sogar die Weltmeisterin von Verona für die neue Titelträgerin und spendete ihr Windschatten. Regina Schleicher dankte es Judith Arndt und holte am vorletzten WM-Tag die erste Medaille für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR).
Die Feier am Abend im Mannschaftshotel verlief traditionell feuchtfröhlich. Die neue Weltmeisterin, Bundestrainer Jochen Dornbusch und seine Assistentin, Olympiasiegerin Petra Roßner, flogen in voller Montur in den Swimmingpool. Doch die sympathisch zurückhaltende Art der gelernten Kindergärtnerin ließ nur relativ diskreten Jubel zu. «Ich brauche sicher ein Weile, bis ich das alles begreife. Der Titel ist eine große Ehre», sagte Regina Schleicher, die in Camaiore in der Toskana lebt.
Im Schlussspurt einer 28 Fahrerinnen starken Spitzengruppe hatte sich Trixi Worrack (Cottbus) vor die deutsche Meisterin gespannt. 100 Meter vor dem Ziel schoss Regina Schleicher in Richtung Ziellinie und ließ sich den Sieg vor der Britin Nicole Cooke und ihrer Nürnberger-Team-Kollegin Oenone Wood (Australien) nicht mehr nehmen. Die Durchschnitts-Geschwindigkeit der Siegerin, die fast in Petacchi- Manier gewonnen hatte, betrug stattliche 40,2 Kilometer pro Stunde.
«Das war eine unglaubliche Mannschaftsleistung. Diesen Erfolg haben sich alle hart erarbeitet und ihn sich hochverdient. Bei uns arbeitet jede für jede. Im Vorjahr wurde Judith unterstützt, diesmal Regina. Im nächsten Jahr vielleicht eine andere», sagte Petra Roßner, die seit dem vergangenen Jahr neben dem Bundestrainer im deutschen Team arbeitet.
Die fünfte deutsche Weltmeisterin machte ihrem Ruf, im Sprint quasi unschlagbar zu sein, alle Ehre. «Das ist heute perfekt für uns gelaufen. Trixi und Judith haben mich bis auf die Zielgerade gebracht und an der letzten Steigung auf mich gewartet. Zum Schluss konnte ich dann meine Schnelligkeit ausspielen», sagte die zuletzt dreifache Etappensiegerin bei der Holland-Rundfahrt. Ihre Vorgängerin Judith Arndt hatte noch am Vorabend wegen der Nachwirkungen einer Virus- Erkrankung erwogen, nicht anzutreten.
«Zwei Titel hintereinander - das ist irre», sagte Erfolgstrainer Dornbusch. Trotz der eindrucksvollen Vorstellung des deutschen Teams fristet der Frauen-Radsport allerdings weiter ein Schattendasein. Schuld daran ist laut Schleicher ein Teufelskreis: «Keine Fernseh-Übertragungen, keine Presse, keine Sponsoren.»
Der erneute Titelgewinn soll die Situation bessern. Auch wenn die Weltmeisterin, die im Vergleich zu Zabel, Petacchi und Co. weit weniger als ein Zehntel verdient, ihre Befürchtungen hat: «Einmal im Jahr wird von uns ein Rennen im Fernsehen übertragen. Aber ich glaube nicht, dass in Deutschland am Morgen viele Leute zugeschaut haben.»