Berlin (dpa) - Jan Ullrich beweist zumindest Mut. Der 30 Jahre alte Olympiasieger von Sydney setzt sich bei der Straßen-Weltmeisterschaft vom 27. September bis 3. Oktober in Bardolino und Verona noch einmal zentnerschwerem Erwartungsdruck aus.
Nach einer durchwachsenen Saison mit Rang vier bei der Tour de France, Platz 19 im olympischen Straßenrennen und lediglich Rang sieben im Zeitfahren von Athen will es der T-Mobile-Kapitän sich und anderen noch ein Mal beweisen. In Norditalien geht er auf Rehabilitationskurs, danach in den Urlaub.
«Ich begrüße seinen WM-Start. Bei ihm läuft es gut im Moment. Er kann sich in beiden WM-Disziplinen etwas ausrechnen, obwohl die Chancen im Zeitfahren natürlich größer sind, weil das Straßenrennen so sehr von der Taktik geprägt sein wird und Ein-Tages-Rennen nicht unbedingt Jans große Spezialität sind», sagte Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage, der vom Urlaub aus Spanien nach Italien reiste, wo der zweifache Zeitfahr-Weltmeister am Donnerstag, Samstag und Sonntag seine letzten WM-Vorbereitungs-Rennen bestreiten wird.
«Ich bin bereit für die WM. Die letzten Rennen in Italien haben mir gezeigt, dass ich in einer guten Form bin. Das war für mich ausschlaggebend», teilte Ullrich auf der Internetseite seines Arbeitgebers mit und beendete damit wochenlange Spekulationen. Unmittelbar nach seinem letzten Olympia-Auftritt in Athen hatte er einen WM-Start angekündigt, diese Aussagen später aber relativiert. Sein Auftritt am vergangenen Samstag bei der Lazio-Rundfahrt, bei der er hinter Juan-Antonio Flecha (Spanien) und Gilberto Simoni (Italien) Dritter geworden war, machte ihm Mut.
An Italien hat Ullrich gute Erinnerungen: Bei der WM 1999 holte er nach seinem Tour-Verzicht und dem Vuelta-Gewinn im Zeitfahren seinen ersten von bislang zwei Titeln in dieser Disziplin. Im Straßenrennen - auf fast identischem Kurs - wurde er Siebter. Damals hatte der Spanier Oscar Freire in Verona einen Überraschungs-Coup gefeiert und die gesamte Prominenz düpiert.
Damit befinden sich sieben T-Mobile-Profis im vorläufigen 18- köpfigen WM-Aufgebot des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Wie viele von ihnen beim Straßen-Rennen am Start sein werden, entscheidet der BDR bis zum 30. September. Bis dahin müssen die Verbände ihre Aufgebote mit je zwölf Teilnehmern gemeldet haben. Der zweite Zeitfahrer neben Ullrich dürfte der Olympia-Fünfte Michael Rich (Emmendingen) vom Gerolsteiner-Team sein.