Grenchen (rad-net) - Sprinter Luca Spiegel hatte bei der Bahn-Europameisterschaft in Grenchen (Schweiz) mit der deutschen Nationalmannschaft seinen ersten Einsatz in der Elite-Klasse und verpasste im Teamsprint nur knapp eine Medaille.
Unverhofft kommt oft: Eigentlich steckt Luca Spiegel mitten im Abitur. Die ersten schriftlichen Prüfungen hatte er bereits abgelegt, bereitete sich auf die letzten Klausuren vor, da kam der Anruf von Bundestrainer Jan van Eijden. Luca musste für den erkrankten Nik Schröter einspringen, damit der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) überhaupt im Teamsprint der Männer antreten konnte, denn schon Stefan Bötticher musste kurz vor der Abreise nach Grenchen wegen akuter Rückenprobleme passen. Ursprünglich war das Sprint-Talent aus der Pfalz nämlich erst beim dritten Nations-Cup im April in Kanada vorgesehen.
«Es ist schon eine Ehre, hier starten zu dürfen. Das ist meine erste Elite-EM», freute sich der gerade einmal 18-Jährige, der als Anfahrer ins Rennen ging. Angst hatte er vor dem ersten großen Einsatz nicht, eher Respekt. «Als Anfahrer muss die Technik sauber greifen», sagt er. «Der Druck, den man in dieser Position hat, den mag ich. Das Tempo muss genau stimmen, schließlich hängen noch zwei hinter dir», sagt Spiegel, der derzeit noch das Sportgymnasium in Kaiserslautern besucht und dort von Frank Ziegler, dem Trainer des Jahres 2022 in Rheinland-Pfalz, trainiert wird. Ziegler war schon Coach von Jan van Eijden, dem Sprint-Weltmeister von 2000 und heutigem Bundestrainer.
«Die physischen Voraussetzungen haben viele, aber den passenden Charakter dazu nicht. Luca hat beides, darum kann er ein Großer werden», sagt Heimtrainer Ziegler über seinen Schützling. Und Van Eijden ergänzt: «Er ist ein Riesentalent. Extrem fokussiert, für sein Alter sehr weit entwickelt. Seine Leistungen hier waren völlig in Ordnung, auch vor dem Hintergrund, dass er erst am Montag erfahren hat, doch bei der EM zu starten.»
Luca Spiegel stammt aus Großfischlingen bei Landau, hat noch fünf Geschwister und ist seit 2017 im Radsport aktiv. Vorher spielte er Fußball, Tennis, ging klettern. «Ich habe viel ausprobiert», sagt er, «aber dann hat mir Tante Kerstin ihr altes Rennrad vererbt, und ich habe meine Leidenschaft für den Radsport entdeckt.» Schnell wurde dem Pfälzer klar, dass der Straßenradsport nicht seine Sache ist. «Die Straße, das war nicht mein Ding. Ich liebe die Bahn, die Kraftintervalle, die Schnelligkeit. Ich finde es reizvoller, sich in kurzer Zeit voll auszupowern.»
In seiner Freizeit lässt es Spiegel dagegen etwas ruhiger angehen. Er baut gern Möbel, liebt das Schreinern. Zu Hause in der Pfalz stehen schon einige Tische, die er selbst gezimmert hat und die weit mehr aushalten, als jedes Stück aus dem Möbelhaus.
Wenn Luca Spiegel in wenigen Wochen das Abitur in der Tasche hat, wird er sich auf den Nations-Cup in Kanada vorbereiten. In Jakarta und Kairo wird er wegen der Prüfungen nicht dabei sein. Anschließend hofft er auf einen Platz in der Sportförderung des Bundes.
Im vergangenen Jahr war er schon Europameister und Vize-Weltmeister im Teamsprint der Junioren, nachdem er 2001 bereits Silber bei EM und WM gewann. Bei seiner ersten Elite-EM belegte er zusammen mit Marc Jurczyk und Maximilian Dörnbach Platz vier. Mit seinen Leistungen in Grenchen war er dennoch nur bedingt zufrieden. «In der Quali war ich einfach zu langsam», befand er. Darauf lässt sich aber aufbauen. Nächste Station: Der dritte Nations-Cup in Kanada.