Silvaplana/Berlin (dpa) - Die Generalprobe für die am 5. Juli in Paris beginnende Jubiläums-Tour lief für Jan Ullrich schwieriger als erwartet. Doch sein zweiter Etappenplatz in Silvaplana hinter dem Solosieger Oscar Pereiro (Spanien) macht wieder leichte Hoffnung - zumindest für das Zeitfahren in Gossau über 32,5 km.
In den Schweizer Bergen ereilte den Olympiasieger eine Erkältung, die ihn bei der Tour de Suisse notgedrungen vorübergehend schwerer treten ließ und die von einigen in seiner Umgebung geschürte Euphorie vor seinem sechsten Tour-Start in Frankreich wieder etwas dämpfte.
«Ich habe seit einigen Tagen Halsschmerzen und bekomme durch die Nase schwer Luft. Ich nehme Antibiotika und werde mich jetzt hier etwas schonen, obwohl es heute schon wieder etwas besser geht», sagte ein leicht verschnupfter Ullrich vor dem Start der 6. Etappe, die wieder auf 2300 Meter Höhe führte. Von Zurückhaltung war nicht viel zu merken. Auf dem Albula-Pass hatte Ullrich am Vortag auf den Tagessieger Francesco Casagrande (Italien) 2:52 Minuten verloren.
«Keine Dramatik, keine Panik». Sein Betreuer und Teamchef Rudy Pevenage wiegelte am Sonntag ab und verwies auf 1996: «Bjarne Riis hatte die Tour de Suisse mit einer fiebrigen Bronchitis aufgegeben und anschließend die Tour de France gewonnen.» Das soll laut Pevenage nicht heißen, dass Ullrich in diesem Jahr die Tour gewinnen kann. Aber mit einem Podiumsplatz am 27. Juli in Paris rechnet wohl auch der Belgier, auch wenn er sagt: «Das wäre eine Überraschung».
Ullrichs Schwachpunkt in Frankreich wird in erster Linie sein relativ anfälliges Team sein. Daran ändert auch die Last-Minute-Verpflichtung des bergfesten Felix Garcia Casas aus Spanien nichts. «Ab und zu wird Jan in den Bergen alleine sein», prophezeite Pevenage. Dieser Eindruck erhärtet sich jetzt in der Schweiz, wo seine spanischen Team-Kollegen um den Vuelta-Sieger Angel Casero Ullrich im Hochgebirge nicht folgen können. Mit Blick auf die übermächtig scheinende Armstrong-Streitmacht bedauert Pevenage: «Wir haben eben keinen Heras, Rubiera oder Beltran.»
«Die Spanier bei uns haben wegen des ganzen Hickhack um den Teamwechsel im Mai noch Formrückstände. Ich habe Vertrauen zu Casero und den anderen. Sie werden bei der Tour ihre Arbeit leisten. Was von Lustlosigkeit und Arbeitsverweigerung geschrieben wird, ist totaler Quatsch», sagte Pevenage, der auch den Spaniern im Team beim Wechsel von Coast zu Bianchi die Jahresbezüge zum Teil erheblich beschneiden musste.
«Normalerweise ist Ullrichs Erkältung zum jetzigen Zeitpunkt kein großes Thema, obwohl die Gabe von Antibiotika immer problematisch ist. Aber die knapp zwei Wochen noch bis zur Tour müssten zur Erholung reichen. Ich erwarte Jan auch auf dem Podium», erklärte Lothar Heinrich, als Telekom-Teamarzt früher auch Ullrichs maßgeblicher Bezugspunkt in Trainingsfragen.