Berlin (dpa) - Erik Zabel ist bereit, sein 1996 gewonnenes Grünes Trikot als bester Sprinter der Tour de France zurückzugeben: «Darüber hatte ich mir vor dem Tour-Start schon Gedanken gemacht.»
«Jetzt ist die Frage da - und es wäre nur ein konsequenter Schritt», sagte der 37-jährige Radprofi vom T-Mobile-Team in einem Interview mit der «Welt am Sonntag». Patrice Clerc, der Vorsitzende der Tour- Organisationsfirma Amaury Sports (ASO), hatte Zabel aufgefordert, die Trophäe zurückzugeben, weil er zugegeben hatte, 1996 gedopt zu haben.
«Vom Standpunkt der ASO wäre es eigentlich nur verständlich und fair, wenn nicht nur Riis sein Gelbes Trikot abgeben müsste, sondern ich auch mein Grünes», erklärte Zabel. Dem ebenfalls doping-geständigen Dänen Bjarne Riis war von der Tour-Organisation der Sieg bei der Frankreich-Rundfahrt 1996 aberkannt worden. Sein Trikot hänge «schön eingerahmt und vakuumverpackt daheim an der Wand. Ich werde es jetzt wohl abnehmen müssen. Das tue ich zwar nicht gerne, aber wenn es der Sache dient...», sagte Zabel der «Welt am Sonntag».
Sein Doping-Bekenntnis sei im Fahrerfeld der Tour de France auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. «Der eine oder andere Kollege redet inzwischen kein Wort mehr mit mir. Es gehen aber auch erstaunlich viele Rennfahrer auf mich zu, die mir gratulieren und Zuspruch geben», sagte Zabel, der Ende Mai eingeräumt hatte, im Jahr 1996 Leistung steigernde Mittel genommen zu haben.
In dem «WamS»-Interview plädierte Zabel für eine Generalamnestie für geständige Doper. «Ich sehe eine Amnestie als Chance für den Radsport. Internationales Olympisches Komitee, UCI und die nationalen Verbände könnten einen Stichtag vorschlagen, bis zu dem jeder die Chance hat, ohne Konsequenzen und im Sinne einer Vergangenheitsbewältigung Doping zu gestehen.» Er habe dazu auch ein persönliches Gespräch mit dem Vorsitzenden des Sportausschusses im Bundestag, Peter Danckert, geführt. Zabel: «Er hat mit mir ziemlich offen über diese Idee gesprochen.»
Verständnis äußerte Zabel für Jan Ullrich. Der unter Dopingverdacht stehende Ex-Teamkollege hatte ihm und Rolf Aldag vorgeworfen, Fehler öffentlich eingestehen zu müssen, um weiter arbeiten zu können. Zabel sagte dazu: «Völlig unabhängig von meiner Person muss man sagen, dass im Rechtsstaat das Unschuldsprinzip so lange gelten muss, bis jemandem das Gegenteil bewiesen ist. Jan, Ivan Basso, Michele Scarponi und Jörg Jaksche sind bislang die einzigen, die in der Operacion Puerto-Affäre die Suppe auslöffeln sollen. Insofern ist es verständlich, dass Jan einen dicken Hals hat. Ganz ehrlich: Sein Vorwurf ist für mich sogar verständlich.»
An der Weltmeisterschaft Ende September in Stuttgart möchte Zabel «gern teilnehmen», kann sich aber einen Verzicht vorstellen, sollte der Druck auf den Bund Deutscher Radfahrer oder auf seine Person infolge seines Doping-Geständnisses zu groß werden. «Ich weiß, dass der Bund Deutscher Radfahrer enorm unter Druck steht, was eine Finanzierung der WM betrifft, und dass gewisse Bedingungen an die Fördermittel geknüpft sind», sagte Zabel. «Wenn dieser Druck oder der auf meine Person zu groß werden sollte, oder ich zur Belastung werde etwa für einen jungen Rennfahrer wie Fabian Wegmann, dann möchte ich in Ruhe noch einmal mit dem BDR-Präsidium sprechen. Dann werden wir eine andere Lösung finden.»