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Jens Lehmann bei einem Überprüfungsrennen im Februar 2004.
18.09.2005 09:15
Olympiasieger Jens Lehmann steigt vom Rennrad

Leipzig (dpa) - Die Zuschauer erhoben sich von den Sitzen und applaudierten ein letztes Mal dem Mann, der dem deutschen Bahnradsport zwei Olympiasiege beschert hat. Und Jens Lehmann genoss seine letzte Ehrenrunde auf dem Oval der altehrwürdigen Leipziger Radrennbahn.

Winkend nahm der «Rebell» der deutschen Bahnradfahrer endgültig Abschied vom Leistungssport: «Danke, es hat Spaß gemacht», rief er seinen Fans zu, ehe er von der Bühne trat, um sich künftig für die CDU der Politik zu widmen. Am 18. September kandidiert Lehmann als Leipziger CDU-Spitzenkandidat für den Bundestag.

Mit Lehmann verliert der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) einen seiner erfolgreichsten Verfolgungs- und Zeitfahrspezialisten der letzten Jahrzehnte. Und trotzdem dürfte sich die Trauer in Grenzen halten, spielte der mehrfache Weltrekordler doch nach dem Eklat bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart 2003, der mit dem Rückzug des Bahnvierers endete, keine Rolle mehr im BDR-Aufgebot für große internationale Wettkämpfe. Er wurde als nicht mannschaftstauglich befunden, aussortiert und als «Rebell» gebrandmarkt.

Die Enttäuschung hat Lehmann überwunden, seine Geradlinigkeit aber behalten. «Ich würde es wieder so machen», erklärt der 37-Jährige im Rückblick auf seine Weigerung, im Vierer mit Robert Bartko zu fahren. «Es gibt ein Leistungsprinzip, woran ich mich und andere messe. Ich will mit den Besten fahren», sagt Lehmann. Damals habe auch die Enttäuschung darüber, dass Bartko in der Einzelverfolgung den Vorzug vor ihm erhalten hatte, eine Rolle gespielt. «Es hieß vom BDR: Wir wissen, dass du eine Medaille holst, aber Bartko holt Gold. Bartko ist schließlich Sechster geworden mit einer Zeit, die ich jetzt noch am Heiligabend fahre.»

Freunde werden beide wohl nicht mehr. Sie waren es nie: «Wir waren keine richtige Mannschaft, sondern vier Leute, die vier Minuten lang schnell gefahren sind.» Sehr schnell sogar: Genau 3:59,710 Minuten. Mit dieser fabelhaften Zeit holte der Vierer in der Besetzung Lehmann, Bartko, Daniel Becke und Guido Fulst bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney die Goldmedaille und stellte erstmals einen Weltrekord auf, der unter der magischen Grenze von vier Minuten lag. Für den Leipziger, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit einer Gold- und einer Silbermedaille von den Spielen 1992 in Barcelona dekoriert, für die Spiele 1996 aber vom damaligen Bundestrainer Wolfgang Oehme ausgemustert worden war, blieb es «einer der schönsten Erfolge» seiner Karriere.

In besonderer Erinnerung behielt Lehmann auch seinen ersten von insgesamt sechs Weltmeistertiteln, die er in der Einerverfolgung und im Vierer gewann. 1991 in Stuttgart, bei seinem ersten großen Sieg, drückte Lehmann auch erstmals einen Kuss auf das Bahn-Parkett, der bei späteren Siegen zum Ritual wurde. «Seit meiner Kindheit war das Regenbogentrikot das Höchste für mich», sagt der zweifache Vater, der 1967 im Harzstädtchen Stolberg geboren wurde und in Leipzig durch die Talentschmiede des DDR-Sportsystems gegangen war.


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