Lausanne (dpa) - Ein dilettantischer Fehler bei der Aufbewahrung seiner Blutprobe in Athen hat dem US-Radprofi Tyler Hamilton voraussichtlich den Olympiasieg im Zeitfahren gerettet.
Dennoch droht dem bisherigen Phonak-Kapitän auf Grund eines positiven Tests bei der Vuelta weiterhin eine Sperre durch den amerikanischen Radsportverband und damit möglicherweise das Karriereende.
Wie der Chef der Medizinischen Kommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Arne Ljungqvist, bestätigte, sei Hamiltons B-Probe in Athen tief gefroren statt einfach nur gekühlt worden. Damit waren nicht mehr genügend intakte rote Blutkörperchen für eine Gegenanalyse vorhanden. Somit konnte das positive Ergebnis der A-Probe nicht bestätigt werden. Das IOC war gezwungen, das Verfahren gegen Hamilton umgehend zu stoppen. Sanktionen des IOC muss der von seinem Schweizer Phonak- Team bereits suspendierte Profi nun nicht mehr befürchten.
Dennoch darf Hamilton nicht frohlocken, denn es droht ihm weiter eine bis zu zweijährige Sperre. Die B-Probe vom Vuelta-Zeitfahren am 11. September fiel wie schon der A-Test positiv aus und bestätigte eindeutig den Verdacht auf Blutdoping. Die UCI hat sofort die Phonak- Verantwortlichen informiert und die Protokolle an den amerikanischen Verband (USADA) weitergeleitet. Da Hamilton mit amerikanischer Lizenz fuhr, muss er nach Empfehlung der UCI von den Instanzen seines Landes bestraft werden. Auffällig war, dass sich Hamilton bei der erneuten Beteuerung seiner Unschuld («Ich bin zu 100 Prozent unschuldig») nur auf die Olympischen Spiele, jedoch nicht ausdrücklich auch auf die Spanien-Rundfahrt bezog.
Allerdings haben indes auch Verfahrensfehler des Weltverbandes die Klärung der Situation erschwert. Nachdem die Vuelta-Dopingprobe im Labor in Lausanne ausgewertet worden war, hätte der Athlet das Recht gehabt, die Gegenanalyse in einem anderen Labor vornehmen zu lassen. Die UCI-Verantwortlichen lehnten jedoch das Ansinnen Hamiltons ab, das Labor in Sydney mit der B-Analyse zu beauftragen und machten sich damit wieder angreifbar.
Mit Gelassenheit reagierten die australischen Wissenschaftler, die in den zurückliegenden Monaten die neue Nachweis-Methode entwickelt hatten, auf die Fehler bei der Aufbewahrung der Konserven. «Ich denke nicht, dass dies das Ende der Geschichte ist. Aber es ist natürlich unglücklich, dass solch ein menschliches Fehlverhalten ein korrekte B-Probe verhindert», meinte Wissenschaftler Ross Brown.
«Ich denke, Betrüger sind jetzt gewarnt, dass wir Blutdoping nachweisen können. Ich bin überzeugt, viele werden die Transfusionen stoppen, weil sie sonst von uns überführt werden», sagte sein Kollege Michael Ashenden. Er ersuchte Hamilton zugleich, seine Goldmedaille von Athen zurückzugeben. «Er sollte den Anstand haben und die olympische Bewegung respektieren», forderte Ashenden.
Im Phonak-Team hingegen vermutet man eher eine Verschwörung gegen Hamilton. «Ich habe den Verdacht, dass an Hamilton ein Exempel statuiert werden muss, um zu zeigen, dass der Test funktioniert», erklärte Phonak-Chef Andy Rihs. Die Schweizer hatten ihrerseits ein Team von Wissenschaftlern zusammengestellt, um Licht ins Dunkel zu bringen und zu tragbaren Kriterien zu gelangen, ob das neu zugelassene Nachweisverfahren für Blutdoping annehmbar ist.