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09.05.2003 13:21
Bianchi könnte Coast übernehmen - Stopp in Olmütz

Berlin (dpa) - Das Thema Coast scheint sich erledigt zu haben. «Wir wollen mit Coast nichts mehr zu tun haben», sagte UCI-Sprecher Enrico Carpani, der andeutete, dass der Weltverband nach einer Lösung suche, die allen Fahrer des erneut gesperrten Rennstalls aus Essen gerecht wird - nicht nur dem Star-Fahrer Jan Ullrich.

Der 29-jährige Olympiasieger, auf gutem Comeback-Weg, hätte sicher die wenigsten Schwierigkeiten, schnell ein Team zu finden, mit dem er die Tour de France bestreiten könnte. «Das würde wahrscheinlich nur wenige Tage dauern. Aber wir müssen ja auch an alle anderen Fahrer denken, die dann auf der Straße stünden», sagte sein Betreuer Rudy Pevenage, der auch von Ullrich abhängig ist.

Anwälte prüfen die rechtlichen Möglichkeiten einer Übernahme des insolventen Rennstalls des finanziell gescheiterten Textilunternehmers Günther Dahms durch den bisherigen Co-Sponsor Bianchi. Das italienische Unternehmen hatte Coast auch bei der ersten 14-tägigen Verbandssperre im März durch eine Finanzspritze vorerst gerettet.

Die erneute Sperre wegen nicht vorliegender Gehaltsabrechnungen für April hat allerdings erst einmal unmittelbar zur Folge, dass Ullrich nicht wie geplant ab dem 13. Mai die Asturien-Rundfahrt in Spanien bestreiten und das Coast-Team nicht an den Start der in Olmütz/Tschechien beginnenden Friedensfahrt gehen kann. Dabei hatten die Fahrer und Teamleitung bis zur Präsentation am Mittag noch gehofft, doch zugelassen zu werden.

Das Schweizer Phonak-Team gilt als wahrscheinlichster Übernahme-Kandidat eines eventuell frei werdenden Jan Ullrich. Mit dem Tour-Sieger von 1997 in seinen Reihen hätte das Schweizer Team die heiß begehrte Wild Card für die am 5. Juli beginnende Tour so gut wie sicher in der Tasche. Eine Rückkehr zu Telekom erscheint dagegen sehr unwahrscheinlich, auch weil Ullrich in dem Fall nicht von Pevenage begleitet werden könnte, der von den Bonnern unmittelbar vor Jahreswechsel in Unfrieden schied.

«Vielleicht bleibt uns keine andere Wahl als ein Team-Wechsel. Aber davor versuchen wir andere Möglichkeiten. Es wäre für alle das Beste, wenn das Team in etwa zusammen bleiben könnte», sagte Pevenage, der weiter meinte: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jan eine Rückkehr zu Telekom in Erwägung zieht.» Angeblich gäbe es in Spanien (Banesto), Belgien (Quickstep) und Italien weitere Ullrich-Interessenten.

Während im Ullrich-Clan hohe Betriebsamkeit herrschte - der zweifache Zeitfahr-Weltmeister trainierte «in Ruhe» in seiner Schweizer Wahlheimat -, machten sich in Essen Trauer-Stimmung und Wut breit. Coast-Sprecher Marcel Wüst wähnte seinen telefonisch nicht erreichbaren Chef Dahms, der das eingeleitete Insolvenz- Verfahren gegen die Betreiber-Gesellschaft Radsport und Service Marketing (RSM) geleugnet hatte, «auf Tauchstation».

Über seine eigene berufliche Zukunft bei Coast wollte der ehemalige Top-Sprinter erst noch «mindestens eine Nacht schlafen». Die meisten Sorgen bereiteten Wüst die berufliche Zukunft und Versorgung von Profis und Coast-Personal - insgesamt 45 Personen: «Zwei Fahrer haben schwangere Frauen zu Hause und kaum eine Chance, ein neues Team zu finden.»

Von finanziellen Versorgungen im Ullrich-Ausmaß können die anderen Coast-Fahrer nur träumen. Das Management des Olympiasiegers von 2000 hat mit Dahms im Januar einen Drei-Jahres-Vertrag für zusammen rund fünf Millionen Euro abgeschlossen. Die erste Jahresrate soll durch eine hieb- und stichfeste Bankbürgschaft gesichert sein. Das hatte Ullrich-Manager Wolfgang Strohband mehrfach versichert.


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