(rad-net) Sprinter-Star der 30er Jahre wurde 1940 vermutlich von Gestapo getötet
Am 14. Oktober 2002 wäre der Kölner Radsprinter Albert Richter 90 Jahre alt geworden. Doch der Bahnrad-Star starb im Alter von 27 Jahren im Gefängnis von Lörrach unter ungeklärten Umständen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde Richter ein Opfer der Gestapo, die es nicht zulassen wollte, daß ein regimefeindlicher Sportler kurz nach Kriegsbeginn in die Schweiz ausreiste, um nicht mehr wiederzukommen.
Richter wurde 1912 im Kölner Arbeiterviertel Ehrenfeld geboren. Schon mit 16 Jahren bewies sich sein außerordentliches Talent als Rennfahrer. Mit 20 gewann der junge Kölner überraschend in Rom die Sprint-Weltmeisterschaft der Amateure, kurz darauf wechselte er zu den Profis. Bis zu seinem Tod war er der herausragende Sprinter-Star Deutschlands, dem allerdings nur der Gewinn etlicher Vize-Weltmeisterschaften gelang, jedoch kein weiterer WM-Sieg. Richter war auch im Ausland äußerst populär, besonders in Frankreich, wo er zahlreiche Rennen bestritt.
Richter stand den nationalsozialistischen Machthabern kritisch gegenüber. So verweigerte er mitunter den Hitlergruß sowie das Tragen eines Trikots mit Hakenkreuz. Er bezeichnete die Nazis als "Verbrecherbande" und sah sich nach Kriegsbeginn in der vertrackten Lage, als Soldat eingezogen zu werden: "Ich kann nicht auf Menschen schießen, die ich liebe". Außerdem hielt er entgegen damaligen Bestimmungen an seinem jüdischen Manager Ernst Berliner fest. Für einen weiteren jüdischen Freund wollte er Ende Dezember 1939 Geld in die Schweiz schmuggeln, wurde dabei jedoch vor dem Grenzübergang erwischt. Indizien weisen darauf hin, daß er von einem Sports-"Kameraden" an die Gestapo verraten wurde. Am 2. Januar 1940 lag er tot in seiner Zelle, die offizielle Version lautete "Selbstmord". Doch mehrere Augenzeugen, die den Toten gesehen hatten, sprachen von Einschußlöchern und Blutspuren.
Die Verbandszeitung schrieb nach seinem Tode: "Sein Namen bleibt für alle Zeiten in unseren Reihen gelöscht." Diese Drohung blieb lange Zeit furchtbare Realität, bis die Hamburger Filmemacher Raimund Weber und Tilmann Scholl sich Ende der 80er Jahre auf die Spuren von Richter begaben. Inzwischen wurde die Radrennbahn in Köln sowie ein Nachwuchswettbewerb des Bundes Deutscher Radfahrer nach Albert Richter benannt und ein Buch "Der vergessene Weltmeister" über ihn geschrieben.
Albert Richter so die Frankfurter Allgemeine Zeitung, war ein Sportler, der "durch seine kompromisslose Art und seine Zivilcourage an einer verbrecherischen Zeit zugrunde ging."