Wien (dpa) - Der geständige Dopingsünder Jörg Jaksche ist dank der Kronzeugenregelung mit einer milden Strafe davongekommen.
Der Anti-Doping-Ausschuss des Österreichischen Radsportverbandes sperrte den Ansbacher Profi wegen des Gebrauchs von EPO und Wachstumshormonen sowie wegen Blutdopings für ein Jahr und folgte damit den Vorstellungen der Jaksche-Verteidigung. «Ich akzeptiere das Urteil. Es war im Großen und Ganzen wegen der Kronzeugenregelung zu erwarten. Es ist ganz gut», sagte Jaksche der Deutschen-Presse-Agentur dpa. Die Sperre läuft rückwirkend bis zum 2. Juli 2008.
Nur bezüglich des Anrechnungszeitraums gebe es «Diskrepanzen», sagte Jaksche. Für den 31-Jährigen war der Verband in Wien zuständig, da Jaksche wegen seines Tiroler Wohnsitzes mit österreichischer Lizenz fährt. Nun kann der Franke, der nach seinem Doping-Geständnis ohne Team ist, sogar auf die Teilnahme an der kommenden Tour de France hoffen, die am 5. Juli 2008 in Brest beginnt. «Ich muss jetzt erstmal meine Gedanken ordnen und versuchen, eine Mannschaft zu bekommen», schränkte er ein. Nachdem er gegen die Omerta - das Schweigegelübde - verstoßen habe, dürfte dies «die größten Schwierigkeiten verursachen oder gar unmöglich werden».
Jetzt werde sich zeigen, ob die Leute im Radsport ihren Taten Worten folgen ließen und einen geständigen Doping-Sünder wieder integrierten: «Wenn sich was geändert hat und die Verantwortlichen ihren Anti-Doping-Kurs ernst meinen, habe ich einen Job im nächsten Jahr.» Jaksche hatte Ende Juni in einer umfangreichen Beichte im Nachrichtenmagazin «Spiegel» zugegeben, seit 1997 jahrelang gedopt zu haben und das Doping-Problem als flächendeckend im Radsport beschrieben. «Es ist pervers, aber das Doping-System ist gerecht, weil alle dopen. Radsport ohne Doping ist nur gerecht, wenn wirklich niemand mehr dopt», hatte er gesagt. Die Details des Interviews habe Jaksche im Wesentlichen wiedergegeben, «nur noch detaillierter», sagte der Ausschussvorsitzende Gernot Schaar der österreichischen Nachrichtenagentur APA.
In Wien wurde - wie von Jaksche und seinem Anwalt Michael Lehner erhofft - die im Code der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA vorgesehene Kronzeugenregelung angewandt. Diese ermöglicht eine Halbierung des drohenden Strafmaßes von zwei Jahren. Mitte Juni hatte der italienische Verband bei Ivan Basso diese Regelung abgelehnt und den Giro-Sieger von 2006 mit der Maximalsperre von zwei Jahren belegt, da er nur ein lückenhaftes Teilgeständnis abgelegt hatte. Im Fall Jaksche muss noch der Weltverband UCI entscheiden, ob er das Urteil anerkennt. «Wenn die UCI eine offizielle Mitteilung erhält, wird sie die Sache prüfen und entscheiden, ob sie das Urteil akzeptiert», sagte UCI-Sprecher Enrico Carpani der dpa.
Das Geständnis von Jaksche, der in Berlin gemeinsam mit dem Doping-Experten Werner Franke an einer Buchvorstellung teilnehmen wird, hatte den Radsport in seinen Grundfesten erschüttert. Der Arztsohn aus Franken hatte im «Spiegel» schwere Vorwürfe gegen die UCI erhoben und die heutigen Teamchefs Bjarne Riis (CSC), Gianluigi Stanga (Milram) sowie den früheren Telekom-Manager Walter Godefroot zumindest der Mitwisserschaft beschuldigt.
Kurz vor der Tour de Suisse im Juni 1997 habe er zum ersten Mal EPO gespritzt, sagte Jaksche, der auch mit dem Doping-Arzt Eufemiano Fuentes zusammenarbeitete und die Existenz von ihm gelagerter Blutbeutel bestätigte. Von 2005 an habe er sich verbotenen Eigenbluttherapien unterzogen. Bis zu seinem Geständnis fuhr Jaksche für das italienisch-russische Zweitliga-Team Tinkoff. Seine größten Erfolge als Radprofi feierte er 2004 mit dem Sieg beim Klassiker Paris-Nizza und der Mittelmeer-Rundfahrt.