Brüssel (dpa) - Radsport-Star Jan Ullrich gerät immer mehr unter Druck. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, bestätigte, dass der weiterhin schweigende Ullrich seine Olympia-Goldmedaille verlieren könnte, sollte sich herausstellen, dass auch er gedopt hat.
«Das ist selbstverständlich möglich», sagte Rogge in einem Interview mit der belgischen Tageszeitung «Le Soir». Ullrich hatte bei den Olympischen Spielen 2000 in Sidney das Straßen-Rennen vor seinen damaligen Telekom-Teamkollegen Alexander Winokurow und Andreas Klöden gewonnen. Im Zeitfahren war der Tour-de-France-Sieger von 1997 zudem Zweiter geworden.
Das IOC hat eine Kommission einberufen, um die Vorgänge im Team Telekom zu untersuchen. «Wir wollen wissen, wann genau gedopt wurde», sagte Rogge. Die Kommission werde ihre eigenen Möglichkeiten haben, Personen aus dem Umfeld der Olympischen Spiele zu befragen. «Sie wird natürlich eng mit den anderen Kommissionen zusammenarbeiten, die von der Universität Freiburg, dem Deutschen Radsportbund und dem Bundesinnenministerium bereit einberufen wurden.»
Die Geständnisse von Rolf Aldag und Erik Zabel bezeichnete Rogge als «nützlich». «Sie beseitigen eine Menge Zweifel und Fragen.» Dennoch seien derlei Geständnisse von einst bewunderten Athleten sehr enttäuschend. Insgesamt habe das Image des Radsports der 90er Jahre gelitten. «Es gab systematisches Doping in den 90ern mit EPO, aber auch mit Kortison, Anabolika und Wachstumshormonen», so Rogge. Es wäre aber ungerecht, alle Ergebnisse dieser Epoche in Frage zu stellen.
Der Radsport sei an einem Wendepunkt angelangt. Eine gänzliche Unterbrechung zur «Besinnung» sei aber keine Lösung. «Man muss dem Nachwuchs sagen, dass es eine Möglichkeit gibt, zu gewinnen, ohne zu Täuschen, ohne Doping.»