Berlin/Baden (dpa) - Den Feinschliff für die Tour de France nimmt Jan Ullrich in den Schweizer Bergen vor. 22 543 Höhenmeter auf 1 531 Kilometer sollen den 32-jährigen T-Mobile-Kapitän bei seiner Generalprobe ins Schwitzen bringen.
Bei der 70. Tour de Suisse, so etwas wie Ullrichs Lieblings-Rennen, soll vom 10. Juni an die Form des Wahlschweizers weiter hochschnellen und die letzten überflüssigen Kilos schmelzen.
«Beim Zeitfahren sieht es ja bei ihm schon ganz gut aus, wie sein Sieg beim Giro bewiesen hat. Jetzt geht es darum, sich im Gebirge weiter zu verbessern», sagte Team-Manager Olaf Ludwig, der von Gewichtsvorgaben für den Tourstart am 1. Juli nicht viel hält: «Das so genannte ideale Wettkampfgewicht von 72 Kilo ist nicht mehr realistisch. Das war vor sechs, sieben Jahren. Uns kommt es darauf an, dass alles stimmt, egal, ob er nun 75 oder 76 wiegt. Im Vorjahr gab es da noch Reserven.»
Ludwig erwartet auf den neun Etappen durch die Schweiz eine «Steigerung gegenüber dem Giro», den Ullrich zwei Tage vor Schluss mit Rückenproblemen aufgab. Seit seinem Ausstieg hat er an seinem Wohnort in der Schweiz trainiert. Bei der Tour de Suisse, die er 2004 gewann und im Vorjahr als Dritter beendete, wird Ullrich von einem starken Team begleitet.
Sechs potenzielle Tour-Starter mit dem von seiner Schulteroperation genesenen Andreas Klöden und dem Australier Michael Rogers an der Spitze proben wie Ullrich den Ernstfall. «Wir schauen nicht auf Minuten oder Abstände. Aber Jan soll natürlich mal was probieren», meinte Ludwig. Das Zeitfahren zum Abschluss über 30,7 Kilometer von Kerzers nach Bern werde Ullrich «voll fahren».
Der T-Mobile-Kapitän habe der Tour de Suisse aus sportlichen Gründen den Vorzug vor der eigentlich geplanten Asturien-Rundfahrt in Spanien gegeben. «Geld war in diesem Fall kein Thema», sagte der Schweizer Rundfahrt-Direktor Armin Meier, der sich «für die schwerste Tour de Suisse seit Jahren» vom Publikumsmagneten aus Deutschland viel verspricht: «Ullrich fühlt sich bei uns wohl.»
Das Team Gerolsteiner, mit 17 Saisonsiegen die im Moment mit Abstand erfolgreichste deutsche Mannschaft, schickt mit dem Österreicher Georg Totschnig und Markus Fothen (Kaarst) zwei potenzielle Tourstarter zum Üben auf die Schweizer Piste. Nach seinem viel versprechenden Giro-Debüt im Vorjahr (12. im Schlussklassement) hat Fothen bei seiner Tour-Premier in Frankreich viel vor. Sein Team-Kollege Stefan Schumacher, der beim Giro zwei Etappen gewann und zwei Tage im Rosa Trikot fuhr, könnte ihm da als Vorbild gerade recht sein.
Die beiden «Gerolsteiner» und auch Ullrich dürften für den Gesamtsieg in der Schweiz allerdings kaum in Frage kommen. Als Topfavoriten werden der Italiener Stefano Garzelli, bereits 1998 Sieger, und der Tour de Romandie-Gewinner Cadel Evans (Australien) gehandelt. Auch die Sprinter-Fraktion ist mit erstklassigem Personal am Start: Erik Zabel (Unna), Weltmeister Tom Boonen (Belgien) und Robbie McEwen (Australien) fahren sich für Frankreich warm.