Weinheim (dpa) - Amerikaner sind das Tour-Schicksal von Jan Ullrich. Levi Leipheimer vom Team Gerolsteiner behauptete auch nach dem entscheidenden Zeitfahren der Deutschland-Tour die Führung im Gesamtklassement.
Damit wird der US-Profi sein Gelbes Trikot im Finale vor der T-Mobile-Zentrale in Bonn präsentieren. Ullrich, der in Frankreich bei der «großen» Tour zum fünften Mal an dem inzwischen zurückgetretenen Lance Armstrong (USA) gescheitert war, gelang in Weinheim aber wenigstens der Etappensieg. Damit schaffte er den ersten Teilerfolg bei der Deutschland-Tour in seiner Karriere.
Ullrich war auf den 31,1 Kilometern zwischen Ludwigshafen und Weinheim in 36:56 Minuten um 54 Sekunden schneller als der drittplatzierte Leipheimer und rückte im Gesamtklassement 31 Sekunden hinter den Amerikaner auf Rang zwei vor. An dieser Reihenfolge wird die letzte Etappe über 168 Kilometer von Bad Kreuznach nach Bonn nichts mehr ändern. Leipheimers Team-Kollege Georg Totschnig (Österreich) ist Dritter.
«Heute war meine letzte Chance. Ich habe sie genutzt, um die Etappe zu gewinnen, aber den Gesamtsieg habe ich nicht geschafft. Trotzdem war dieser Erfolg sagenhaft wichtig für mich und das Team. Ich bin meine Erkältung bei dem schlechten Wetter der vergangenen Tag nie richtig losgeworden», sagte Ullrich.
Der dadurch gehandicapte T-Mobile-Kapitän, der sich nach Rang drei bei der Tour de France den Sieg bei seinem Heimspiel ausdrücklich vorgenommen hatte, hat die Deutschland-Tour auf den zwei Bergetappen nach Sölden und auf den Feldberg verloren. Zusammen büßte der 31-Jährige dort 1:20 Minuten auf den ehemaligen Armstrong-Helfer Leipheimer ein, der in Paris Platz sechs belegt hatte.
Den ersten Sieg eines Einheimischen bei dieser Deutschland-Tour holte Ullrich bei ausnahmsweise günstigen Witterungsbedingungen und feierte damit seinen zweiten hochkarätigen Erfolg in diesem Jahr. Der zweifache Zeitfahr-Weltmeister hatte vor der Tour de France auch den Kampf gegen die Uhr bei der Tour de Suisse gewonnen. Auf dem bis auf eine kleine Steigung auf 153 Meter zum Schluss flachen Kurs an der Bergstraße fuhr Ullrich ein Stundenmittel von 50,50 Kilometer.
Am Morgen hatte er den Kurs zusammen mit seinem Hauptrivalen Leipheimer, dem Sieger der Königsetappe in Sölden, abgefahren. Beide hatten sich zufällig im Training getroffen. «1:26 Minuten Vorsprung für Leipheimer, das war zu viel Holz für Jan», sagte Vorjahressieger Patrik Sinkewitz, der in diesem Jahr im Gesamtklassement keine Chance hatte. Der Italiener Danilo di Luca, Spitzenreiter der ProTour-Wertung, erschien in Ludwigshafen nicht zum Start der 8. Etappe.
Ullrich lag schon bei der ersten Zwischenzeit nach neun Kilometern auf Bestzeit-Kurs. Leipheimer, 2001 WM-Vierter im Zeitfahren, verlor zwar Zeit gegen den Spezialisten, seine Führung im Gesamtklassement geriet aber nicht in Gefahr. Nach 18,8 Kilometern hatte Ullrich, der seinen Rivalen mit einem Blitzstart schocken wollte, dem kontrolliert fahrenden Leipheimer 26 Sekunden abgenommen. Dieser Rhythmus reichte zum Tagessieg, nicht aber zur Umkehr der Gesamtwertung.
«Ich freue mich für Jan und das Team. Das war heute wichtig für ihn - er ist ein Superrennen gefahren, auch wenn er den Gesamtsieg nicht mehr geschafft hat», sagte Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage, der nicht im Team-Begleitwagen sitzen durfte. «Das ist ein großer Tag für Gerolsteiner - Georg Totschnig wird wohl Dritter werden und mir kann an der Spitze wahrscheinlich nicht mehr viel passieren. Wir sind das stärkste Team hier», freute sich der designierte Gesamtsieger Leipheimer, der am Tag nach dem Finale des Rennens die Rückreise in die USA antreten und dann seine Saison beenden wird.