Toulouse (dpa) - Auf der 11. Etappe der 90. Tour de France herrschte die Ruhe vor dem Sturm des Zeitfahrens. Einen Tag vor dem 47 Kilometer langen Kampf gegen die Uhr von Gaillac nach Cap Découverte ließen die Topfahrer eine achtköpfige Spitzengruppe ziehen, ohne sich groß zu wehren.
Aus der Ausreißer-Gruppe, die nach 153,5 Kilometern auf dem Weg von Narbonne nach Toulouse 45 Sekunden Vorsprung vor dem Hauptfeld ins Ziel rettete, sicherte sich Juan- Antonio Flecha den Tagessieg. Der Spanier hatte sich 12 Kilometer vor dem Ziel abgesetzt. «Das war der schönste Sieg in meinem Leben», sagte der Tour-Debütant.
Die Situation im Gesamtklassement blieb unverändert: Der vierfache Toursieger Lance Armstrong trägt weiter das Gelbe Trikot und führt mit 21 Sekunden vor dem Telekom-Fahrer Alexander Winokurow (Kasachstan). Der zweifache Zeitfahr-Weltmeister Jan Ullrich, der sich für das Zeitfahren ausrechnet, liegt weiter mit 2:10 Minuten Rückstand auf Rang sechs. «Die Etappe war ganz in Ordnung. Man konnte sich ausruhen und in Ruhe mitkullern», meinte Ullrich. Im Spurt des Hauptfeldes verlor Erik Zabel (Unna) weitere Punkte im Kampf um das Grüne Trikot gegen den weiter Punktbesten Baden Cooke und dessen Landsmann McEwen (beide Australien).
Traurig aus deutscher Sicht: Der Berliner Jens Voigt musste das Rennen mit Magenproblemen als vierter von 17 gestarteten deutschen Profis aufgeben. Der 31-jährige Fahrer des französischen Crédit- Agricole-Teams stieg entkräftet nach 91 Kilometern unweit seines früheren Wohnortes bei Toulouse vom Rad.
Die Spitzengruppe ohne deutsche Beteiligung nutzte die Situation wie die erfolgreich ins Ziel fahrende Ausreißer-Gruppe vor zwei Tagen. Die Favoriten auf den Toursieg rissen sich einen Tag vor dem vorentscheidenden Zeitfahren in Gaillac kein Bein aus und ließen die Flüchtlinge ziehen. Unter ihnen war die Überraschungsfahrer des Jahres, der Australier Michael Rogers, der die Belgien-Rundfahrt, die Deutschland-Tour und die Route du Sud im Tour-Vorfeld gewonnen hatte. Im Gesamtklassement war er aber keine Gefahr für Armstrong, Winokurow und Co.
Einen bitteren Leidensweg hatte Voigt zurückzulegen. Schon auf dem Weg nach Marseille hatte der Berliner, der seine großen Tour-Zeiten vor zwei Jahren mit dem Etappensieg in Serran und dem Gewinn des Gelben Trikots für einen Tag erlebte, über Magenprobleme geklagt. Auch am Ruhetag ging es ihm nicht viel besser.
Trotzdem stieg Voigt zur 11. Etappe wieder in den Sattel, fiel aber bald aus dem Feld zurück und bummelte notgedrungen allein hinterher. Voigt lehnte die Hilfe seines Team-Kollegen Stéphane Auge ab und schickte den Franzosen wieder nach vorn ins Feld. Voigts vorzeitiger Tour-Abschied war schon nach 50 Kilometern programmiert. Das Publikum applaudierte dem mit vielleicht 15 km/h dahin schleichenden Voigt, der vor einer Woche in einer Ausreißergruppe erfolglos versucht hatte, eine Etappe zu gewinnen.
Armstrong wird das Zeitfahren von Gaillac nach Cap Découverte mir einem speziell entwickelten Rennanzug bestreiten. Sein Sponsor Nike hat ein Modell, mit dem Cathy Freeman in Sydney Gold über 400 Meter geholt hatte, weiterentwickelt. Im Vergleich zu herkömmlicher Rennkleidung soll der Dress mit dem Namen «Spin Cycle», in dem Armstrong bequem die Rennhaltung einnehmen, aber weniger kommod aufrecht stehen könnte, auf 50 Kilometern eine Einsparung von bis zu einer Minute bringen.
Ähnliche Anzüge trägt auch Eisschnellläuferin Claudia Pechstein bei ihren Rennen. Die erfolgreichste deutsche Winter-Olympionikin saß im Rennleiter-Wagen des Gerolsteiner-Teams als Tour- Gast für einen Tag.