Berlin (dpa) - Die Freundschaft zum Immobilien-Makler und ehemaligen Pizza-Grossisten Ernst Freiberger verhalf Jan Ullrich zu einer ungewöhnlichen Einladung. Der zur Zeit rekonvaleszente und auch deshalb inaktive 28-jährige Olympiasieger war in der Berliner Senioren-Begegnungsstätte «Sonnenblume» erschienen.
In Alt- Moabit war von Generations-Konflikten nichts zu spüren. Etwa 40 ältere Menschen, die bei dem Treff dicht gedrängt saßen, weil die aktuelle Nachrichtenlage auch etwa genauso viel Journalisten angelockt hatte, waren dem unverkrampft plaudernden Ullrich ganz nah. «Das macht wirklich Spaß mit euch», sagte der prominente Talk-Gast.
Der Tour-de-France-Sieger von 1997 hatte seine Goldmedaille aus Sydney mitgebracht, sein alter und neuer Trainer Peter Becker zwei Fahrräder des inzwischen nicht mehr aktuellen Ullrich-Arbeitgebers Telekom. Ullrich nannte den Berliner, der ihn schon zu DDR-Zeiten trimmte, passend «meinen Senior» und machte klar, dass sein Neuanfang bei einem anderen Team nicht so weite gehe, auf den umstrittenen Becker in Zukunft zu verzichten.
Das trug ihm die Kritik seiner bisherigen Betreuer in der Bonner Telekom-Zentrale ein, in der die am Vortag von Ullrich bekannt gegebene Scheidung nach siebeneinhalb Jahren offensichtlich schwer verdaut wurde. Der propagierte «Neuanfang», wahrscheinlich im dänischen CSC-Team seines alten Freundes Bjarne Riis in Begleitung seines jetzigen Trainers, sei alles andere als der harte Schnitt, der gravierende Besserung versprechen könnte.
«War da nicht mal etwas mit Doping?», wollte eine ältere Dame vom aus Merdingen im Schwarzwald angereisten Rad-Star wissen. Der wegen Doping-Vergehens bis zum 23. März 2003 gesperrte Ullrich, ganz in modischem Schwarz und von seiner Partnerin Gaby Weiß begleitet, konterte die leicht provokante Frage ganz cool: «Ich dachte, ich komme um diese Frage herum.» Ja, er habe da einmal eine Dummheit begangen, aber aus Fehlern könne man nur lernen. Der Auslöser seiner Doping-Sperre sei ihm eine Lehre fürs Leben gewesen.
Zum Abschied gab es zwei Bilder aus der Malgruppe des Seniorentreffs, dessen Initiator und Finanzier sich auch der Restaurierung von Denkmälern aus Eisen und Stein widmet. «Nach jeder Talfahrt gibt es neue Höhen» stand auf einem Bild als Mutmacher, und Ullrich bedankte sich artig. Sein kleines Glück war perfekt, als ihm Becker einen Siegerpokal des Jahres 1987 überreichte, den sein Schützling als Schnellster eines Cross-Rennens gewonnen hatte. Sein Trainer prophezeite Ullrich ein «hervorragendes Comeback».
In etwa drei Wochen will der ehemalige Telekom-Kapitän, nach der zweiten Knie-Operation noch in der Reha, wieder mit dem Training beginnen. In spätestens zwei Wochen soll sein neuer Arbeitgeber feststehen.