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Radprofi Patrik Sinkewitz plaudert aus dem «Nähkästchen» des Dopings.
04.11.2007 15:21
Kronzeuge Sinkewitz packt weiter aus

Hamburg (dpa) - Patrik Sinkewitz bringt die Zukunft des T-Mobile-Rennstalls ins Wanken. Die Aussagen des Ex-Angestellten legen den Schluss nahe, dass auch Team-Kapitän Michael Rogers Profiteur des Doping-Systems war, das offensichtlich noch bei der Tour de France 2006 funktionierte.

Die PR-Abteilung hüllt sich seit Tagen zu diesem Thema in Schweigen. Der Molekularbiologe Werner Franke nannte diese Politik des Kommunikations-Riesen, der am 9. August den Fortbestand seines pro Saison etwa zehn Millionen Euro teuren Radsport-Engagements bis 2010 bekannt gab, im ZDF-Sportstudio «mafia-artiges Schweigen».

Er empfahl der Teamleitung, die Fahrer «zur Staatsanwaltschaft nach Bonn zu schicken, um selbst auszusagen», und vermutet, dass auch der dreifache Zeitfahr-Weltmeister Rogers in Doping-Aktivitäten verstrickt war. Teamsprecher Stefan Wagner hatte in der vergangenen Woche berichtet, der Australier habe auf Nachfragen geantwortet, er sei «2006 in Doping-Praktiken des Teams nicht involviert» gewesen.

Der des Testosteron-Dopings überführte Sinkewitz blieb in seinem Beicht-Marathon vor der Staatsanwaltschaft Bonn, dem Bundeskriminalamt (BKA), dem Verbands-Sportgericht, dem Nachrichten-Magazin «Der Spiegel» und im «Sportstudio» seiner Devise treu, keine Fahrer-Namen zu nennen. «Ich sage nichts über Fahrer-Kollegen», antwortete der 27-Jährige auf entsprechende Fragen.

Das Dopen «gelernt» habe er von anderen Fahrern und Ärzten. «Von allen ein bisschen.» In einem Gespräch mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» äußert sich der 27 Jahre alte Radprofi erstmals öffentlich über seine positive Dopingprobe und die Praktiken an der Freiburger Uni-Klinik. Was Eigenblut-Doping ist, habe er erst im Sommer 2005 mitbekommen, sagte Sinkewitz in dem «Spiegel»-Interview. Bei seinem ersten Treffen mit den Freiburger Ärzten Andreas Schmid und Lothar Heinrich im November 2005 habe er «konkret danach gefragt. Mir wurde gesagt, es sei möglich.» Dennoch haben ihn die inzwischen suspendierten Ärzte des T-Mobile-Teams nie dazu getrieben und «nie gesagt, das müsse ich jetzt tun». Sinkewitz: «Die Initiative ging von mir aus.» Er habe keinerlei Bedenken gehabt. «Es wurde mit meinem eigenen Blut gearbeitet - was sollte daran riskant sein?»

Sinkewitz gab zu, mit verschiedenen verbotenen Mitteln betrogen zu haben. «Damals, das ist ja längst kein Geheimnis mehr, war es Epo, das einen vorwärtsbrachte. Dazu kamen Sachen wie Kortison oder Synacthen. Blutdoping kannte ich in den Jahren noch nicht.»

Die Doping-Kontrolleure habe er in seiner Zeit beim belgischen Quick-Step-Team (2003 bis 2005) gezielt ausgetrickst. «Wenn ich wusste, dass eine Dosis fünf Tage nachweisbar ist, habe ich sechs Tage vor dem Wettkampf aufgehört. Trainingskontrollen gab es damals kaum», sagte Sinkewitz, der bereits vom Bundeskriminalamt, der zuständigen Bonner Staatsanwaltschaft und dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) vernommen worden ist.

Sinkewitz erklärte im «Spiegel», wie es dazu kam, dass er am 8. Juni bei einer Trainingskontrolle erwischt worden ist. «Ich hatte zwei oder drei kleine Beutel eines Testosteron-Gels in meinem Portemonnaie stecken, jeweils 25 Milligramm.» Einen Beutel habe er sich «am Abend des 7. Juni auf den Oberarm geschmiert, vorm Einschlafen. Die Verpackung habe ich in der Toilette weggespült.» Er sei davon ausgegangen, dass die Menge zu gering für einen Nachweis sei.

Wie das Nachrichtenmagazin «Focus» in seiner neuen Ausgabe berichtet, könnte sich die Kronzeugenregelung für den ehemaligen Quick-Step- und T-Mobile-Profi auszahlen: Die Bonner Ermittler wollen das Betrugsverfahren gegen Sinkewitz «nach dessen Beichte im September gegen eine fünfstellige Geldbuße einstellen».

Nach Bekanntwerden seiner positiven Probe am 18. Juli war Sinkewitz suspendiert worden. Dennoch hofft er nach seinem umfassenden Geständnis auf die Kronzeugenregelung, die eine Halbierung der Sperre vorsieht - in seinem Fall auf ein Jahr. Er will wieder Rennen fahren: «Ich kann gar nichts anderes.»


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