Palmanova (dpa/rad-net) - Die Beförderung kam unverhofft. Der Anruf, der Mario Kummer (Foto) zum Sport-Direktor des Telekom-Teams und Nachfolger Rudy Pevenages machte, erreichte den 40-jährigen Thüringer im Skiurlaub.
Die jüngste Aufstockung des Kontingents der Teamleiter um den dänischen Ex-Profi Brian Holm soll an der neuen Chefrolle des Olympiasiegers von Seoul aber nichts ändern. «Mario bleibt verantwortlich», sagte Team-Manager Walter Godefroot am Rande der Mallorca-Rundfahrt, wo die Nachricht der Neueinstellung allgemeine Überraschung auslöste.
Auch in der ungewohnten Spitzenposition legt Kummer, in seiner achtjährigen Karriere als Rad-Profi stets mustergültiger Helfer wechselnder Vorgesetzter, Wert auf Teamwork und die Feststellung: «Ich bin nicht der neue Rudy - ich übe seine Funktion aus.» Selbst empfundener Haupt-Unterschied zum erfolgreichen Vorgänger: Öffentlichkeits-Arbeit stehe nicht im Vordergrund. Neben oder unter Kummer arbeiten der Belgier Fans van Looy, Holm und Olaf Ludwig in der sportlichen Leitung.
Kummers Aufstieg führte vom DDR-Vorzeige-Amateur zum Radprofi und Wegbereiter der Toursiege von Bjarne Riis und Jan Ullrich, zum bayerischen Landestrainer, zum sportlichen Leiter hinter Godefroot und Pevenage und zu dessen Nachfolger. Vor der Wende hatte der Suhler in Weimar mit dem Studium zum Bauingenieur begonnen. Sein Wechsel zum Gianni Bugno-Team nach Italien hatte ihm die Exmatrikulation eingetragen, weil die Arbeit im Profilager trotz veränderter politischer Verhältnisse noch als «unethisch» galt. Ein «Entschuldigungs-Schreiben der Universität zwei Jahre später» interessierte Kummer nicht mehr sehr.
Schon als aktiver Fahrer war er mehr als der einfache «Wasserträger» für die Großen. Bei Telekom galt er vor seinem Karrierende 1998 mit 35 Jahren als verlängerter Arm der Teamleitung. Kummer war auf der Straße verantwortlich für «Anfahren, Zufahren und wann fahren». Die Impulse für den Zeitpunkt der Attacke oder dem Nachsetzen von Ausreißern kamen oft von ihm.
Schon zu DDR-Zeiten galt Kummer ähnlich wie später der dänische Toursieger Riis als Tüftler und Perfektionist: «Ich war im Osten der erste mit Pulsmesser und aerodynamischem Material.» Als Teamleiter bei Telekom, meist mit einem Aktenkoffer unterwegs, ordnete er einen Rolltest an, um das beste Reifen-Material herauszufinden.
Kummer spricht ziemlich gut italienisch, «ein bisschen französisch», mit den Kasachen im Team «in der Sauna auch mal russisch». Er kommt bei den Fahrern an und wird selten laut. Führungs-Qualitäten und nette Umgangsformen würden auch zum Gerolsteiner-Team passen. «Dort hatte ich 1999 ein Angebot, bevor ich als sportlicher Leiter zu Telekom gegangen bin», sagte Kummer.
«Korrekt, diszipliniert, sehr ehrgeizig». So wird Kummer von seinem Team-Kapitän Zabel charakterisiert. «15 Jahre weniger Berufserfahrung» ist laut Zabel der gravierende Unterschied zwischen Kummer und Pevenage. Wahrscheinlich noch bis 2005 hat der neue erste Mann in der Teamleitung Zeit, sich mit großen Erfolgen zu schmücken. Das erste Weltcup-Rennen Mailand-San-Remo wäre am 22. März die erste Gelegenheit - Zabel fiebert dort seinem fünften Erfolg entgegen.
Nach den Turbulenzen der vergangenen Monate, gehe es jetzt bei Telekom «sortiert» voran. Kummer hegt keinen Zweifel, dass der Sponsor wie angekündigt noch mindestens zwei Jahre weiter macht. Die Situation habe sich «entspannt».