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Bölts mit Motivation und Biss: Vom Wasserträger zur Leitfigur
25.11.2002 09:43
Bölts mit Motivation und Biss: Vom Wasserträger zur Leitfigur

Wart/Schwarzwald (dpa) - Udo Bölts hat schon einiges mitgemacht in seiner 14-jährigen Karriere als Radprofi. Aber auf die kommende Saison freut er sich wie ein Kind. Der 36 Jahre alte Pfälzer hat nach elf Jahren bei Telekom einen Vertrag beim Team Gerolsteiner unterschrieben und brennt auf seine zwölfte Tour de France.

«Ich habe gemerkt, auch wenn man älter ist, kann man sich noch total motivieren», sagte der Oldie und gestand beim Mannschafts-Treffen in Wart im Schwarzwald: «Als ich das erste Mal meine Teamkollegen getroffen habe, war ich richtig nervös.»

Die Situation für Bölts hat sich erheblich verbessert, nachdem sein Vertrag bei Telekom nicht mehr verlängert und er ziemlich unfein «aussortiert» wurde. Zuerst war er entsetzt und enttäuscht über das Verhalten seines ehemaligen Arbeitgebers nach Jahren als treuer Helfer besonders für Jan Ullrich, den er schon mal mit dem Spruch «quäl dich, du Sau» motiviert hat. Inzwischen sieht er die Zukunft als neue Herausforderung. Neues Umfeld, neue Motivation: «Radprofi ist kein Stechuhrjob. Ich muss mich hundertprozentig einsetzen.» Und er freut sich über Kleinigkeiten. «Ich habe bereits ein neues Rad zum Testen», erzählt er und seine Augen strahlen.

Der deutsche Straßen-Meister von 1995 und 1999 ist der einzige in der Gerolsteiner Truppe mit Tour-Erfahrung. Elf Mal war er dabei. 1994 war er Neunter. Der Mann gilt als Kämpfer, als einer, der sich quälen kann wie kein Zweiter. Dennoch glaubt er nicht an einen Freifahrtschein für die Tour beim Gerolsteiner-Debüt in Frankreich auf Grund seiner Erfahrung. «Der Weg bis dahin ist noch steinig, ich weiß wie schwer jede einzelne Etappe ist, und ich will in Topform sein.» Dafür trainiert er jeden Tag. Laufen, Schwimmen, Radfahrern. Ein Triathlon für den Hawaii-Debütanten von 2001 ist allerdings nicht geplant. Alles was ihn behindert, hat er auf die Seite geschoben.

Bölts hat es nun in der Hand, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. «Wenn man so lange im selben Umfeld fährt, besteht die Gefahr, dass man zu eingefahren wird.» Diese Gedanken sind vorbei. Udo Bölts fühlt sich wieder gebraucht und zeigt Biss. Als Routinier wächst er bei seinem neuen Rennstall automatisch in die Führungsrolle. Bisher war er der Helfer und Wasserträger. 2003 tun sich neue Perspektiven auf: «Ich werde meine Chancen und Möglichkeiten nutzen.»

«Am Anfang war ich etwas skeptisch, ob es richtig war, hier einen Vertrag zu unterschreiben, aber nun bin ich überzeugt, dass ich den richtigen Schritt gemacht habe, vielleicht hätte ich es sogar zwei Jahre früher tun sollen», sagt Bölts, den Verdienst-Einbußen im Vergleich zu seinem letzten Telekom-Gehalt nicht schmerzen. Doch der Dienstälteste ahnt was auf den Tour-Neuling Gerolsteiner zukommen wird. Drei deutsche Rennställe haben sich erstmals qualifiziert, auch das Team Telekom und Coast sind dabei. «Da wird der Druck unglaublich groß und Vergleiche in der Öffentlichkeit werden nicht ausbleiben.»

Vom Team Telekom blieben ihm nur Kontakte und Freundschaften. Und ein Hemd. «Ein Trikot behalte ich, zur Erinnerung» sagt er. Mit seiner neuen Mannschaft identifiziert er sich völlig. «Ich bin zufrieden, dass ich hier fahren kann, trotz finanzieller Abstriche. Aber ich will nicht der alte Mann sein, der auf seine Rente wartet.» Im Dezember geht er nach Südafrika zur Vorbereitung. Das erste Rennen steht bei der Mallorca-Rundfahrt an im Februar. Zum ersten Mal werden Telekom-Fahrer seine Konkurrenten sein. «Ich fühle mich wie befreit.» Udo Bölts hat seine zweite Chance. Die will er nutzen.


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