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Carlos Sastre jubelt über seinen Sieg der Tour de France.
27.07.2008 20:06
Spanier Sastre gewinnt die Tour de France

Paris (dpa) - Toursieger Carlos Sastre hat dem phänomenalen Sport-Sommer der Spanier die nächste Fiesta beschert. Der 33-jährige Madrilene sicherte sich als siebter Spanier das Gelbe Trikot bei der Tour de France.

Der Spanier ließ damit die iberischen Fans nach dem EM-Triumph der Fußballer und Rafael Nadals Wimbledon-Erfolg ein weiteres Mal jubeln. Der kleine Kletter-Spezialist, der in der Endabrechnung nach 3559,5 Kilometern den Australier Cadel Evans (+ 58 Sekunden) und den sensationell fahrenden Österreicher Bernhard Kohl (+ 1:13 Minuten) auf die Plätze verwies, trat die Nachfolge seiner Landsleute Oscar Pereiro (2006) und Alberto Contador (2007) an. Nur wenige Minuten nach der Siegerehrung vermieste der vierte Dopingfall die Feierstimmung.

Der Kasache Dimitri Fofonow wurde des Dopings mit dem stimulierenden Präparat Heptaminol überführt. Eine «sehr hohe Dosis» des die Durchblutung fördernden Mittels sei bei ihm gefunden worden, sagte der Chef der französischen Anti-Doping-Agentur (AFLD), Pierre Bordry. Fofonow ist nach den beiden Spaniern Manuel Beltran und Moises Dueñas Nevado sowie dem Italiener Riccardo Ricco der vierte Dopinfall der 95. Tour, die damit die Doping-Marke des Vorjahres um bisher einen Fall übertraf.

Sastre wusste bei der Siegerehrung noch nichts von der neuerlichen Skandalmeldung. «Das ist ein Traum, den ich von klein an geträumt habe. Das ist ein sehr bewegender Moment», sagte Sastre in Paris. Gemeinsam mit seinen beiden ebenfalls in Gelb gekleideten Kindern betrat der neue Champion das oberste Siegerpodest und ließ sich von Zehntausenden auf den Champs-Élysées feiern. «Einst hieß es, die Spanier fürchteten die Tour. Nun fürchtet die Tour die Spanier», jubilierte «El Mundo» nach dem dritten spanischen Tour-Erfolg in Serie.

«Ich habe mein ganzes Leben für das Gelbe Trikot gearbeitet. Es ist schwer zu realisieren, dass ich es jetzt habe», freute sich Sastre, der von seinem Sportdirektor Bjarne Riis nach dem entscheidenden Zeitfahren im Freudentaumel am Teambus der überragenden CSC-Saxo-Mannschaft fast erdrückt wurde. Dass er einen Tag später auf den Schlussrunden noch sieben Sekunden auf seine Verfolger verlor, konnte Sastre locker verschmerzen.

Die 95. Frankreich-Rundfahrt, die nach 143 Kilometern der 21. und letzten Etappe mit einem Tagessieg des Belgiers Gert Steegmans zu Ende ging, wurde von den 16 deutschen Startern fast zu schwarz-rot-goldenen Festspielen umfunktioniert. Drei Etappensiege, zwei Tage im Gelben Trikot und mit dem zweiten Platz zum Abschluss für Gerald Ciolek sieben weitere Podiumsplätze: Seit den Hoch-Zeiten des Magenta-Booms um Jan Ullrich waren die deutschen Radprofis bei der Tour nicht mehr so erfolgreich wie in diesem Jahr.

Geprägt wurde die prächtige Bilanz vor allem vom Gerolsteiner-Team, dessen Kapitäne Bernhard Kohl und Stefan Schumacher herausragten. Der WM-Dritte fuhr zwei Tage in Gelb und gewann zum ersten Mal seit Lance Armstrong 2004 beide Zeitfahren. «Wir sind alle über uns hinausgewachsen. Zwei Etappensiege bei der Tour ist schon irre», sagte Schumacher, der in Saint-Amand-Montrond über 53 Kilometer die versammelte Weltelite erneut bezwang. Sein österreichischer Zimmergenosse Kohl (Spitzname: «Kanzler»), der zum Ehrenbürger von Wien ernannt werden soll, durfte sich als neuer Berg- König und Gesamtdritter feiern lassen.

«Das war eine sehr spannende und für die deutschen Fahrer und Teams ungewöhnlich erfolgreiche Tour. Das macht auch gewissen Mut für Olympia», bilanzierte Verbands-Präsident Rudolf Scharping. Weiter positiv aus deutscher Sicht war der dritte Platz des Oldtimers Erik Zabel (38) hinter dem Spanier Oscar Freire und dem Norweger Thor Hushovd im Kampf um das Grüne Trikot zu bewerten. Wahrscheinlich feierte der Berliner am Sonntag bei seiner 14. Tour seinen Abschied. So recht weiß er allerdings selbst nicht, ob er es 2009 nicht doch noch einmal versuchen soll.

Das dänische Team von Bjarne Riis, der im Vorjahr nach seinem Doping-Geständnis noch zur unerwünschten Tour-Person erklärt worden war, beherrschte die drei Wochen fast nach Belieben: Neben dem Träger des Gelben Trikots stellte die CSC-Saxo-Equipe, in der auch Jens Voigt seinen Teil zum Erfolg beitrug, mit dem Luxemburger Andy Schleck den besten Nachwuchsfahrer und gewann die Teamwertung. Strahlender Held war aber Sastre, der seine Karriere als Edelhelfer startete und jetzt am Ziel aller Wünsche ist.

Es ist schwer zu sagen, ob die Tour 2008 als die Tour des Carlos Sastre in die Geschichte eingehen wird oder nicht vielmehr als erneute Skandal-Rundfahrt. Bisher wurden vier Profis als Doper enttarnt. Zudem gab es immer wieder Gerüchte um weitere bevorstehende Entlarvungen. Vielleicht findet die Tour nach dem Fall Fovonow noch weitere unrühmliche Fortsetzungen: Einige der rund 420 vorgenommenen Doping-Tests sind noch nicht ausgewertet.

Dass die Tour-Direktion aus taktischen Gründen bei unangenehmen Wahrheiten blocken könnte, ist kaum anzunehmen. Mit ihrem rigorosen Vorgehen in diesem Jahr hat sie zumindest den Weg zur Erneuerung des Radsports glaubhaft beschritten. Der neue Champion Sastre ist sich aber sicher, dass auch künftig negative Schlagzeilen nicht ausbleiben: «Es gab, es gibt und es wird immer Betrüger geben.»


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