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Georg Huber steht 2002 in Salt Lake City vor Regalen mit Medikamenten.
29.05.2007 13:20
Doping - Wie nah war die BRD der DDR?

Leipzig (dpa) - Olympia-Arzt Georg Huber hat mit seiner Offenbarung Zweifel an der Mär vom sauberen Sport in der Bundesrepublik genährt.

Sieben Jahre nach der Verurteilung von Verantwortlichen des DDR-Dopings mit dem früheren Sportchef Manfred Ewald an der Spitze löste der Freiburger Mediziner zugleich eine lange verzögerte Aufarbeitung in Sport und Medizin aus. Mit seinem Geständnis, von 1980 bis 1990 einzelnen U-23-Straßenradfahrern das Hormon Testosteron verabreicht zu haben, belegte er, dass zumindest der westdeutsche Radsport Jahre lang im Windschatten des ostdeutschen Staatsdopings fuhr. Angesichts auch des nicht restlos aufgeklärten Todesfalles der Leichtathletin Birgit Dressel 1987 stellt sich die Frage: Wie nah war der Sport in der Bundesrepublik mit seinen Doping- Praktiken an dem der DDR?

Unter Ewald, von 1973 bis 1988 Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB), wurde im Wettstreit der Gesellschaftsordnungen ein lückenloses System für Leistungsmanipulation entwickelt. In deren Mittelpunkt standen die Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) sowie das ebenfalls in Leipzig beheimatete Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport (FKS). Laut Doping-Forscherin Brigitte Berendonk (Heidelberg) ist die DHfK «Mutter des Anabolika-Dopings».

Das Doping mit dem männlichen Sexualhormon Testosteron wurde in der DDR mittels der so genannten «blauen Pillen» durchgeführt. Unter dem Namen «Oral-Turinabol» wurde das Medikament im VEB Jenapharm produziert und war für die Regeneration nach schweren Verletzungen und Operationen gedacht. 1994 stellte das Jenaer Unternehmen, das heute zum Schering-Konzern gehört, die Produktion ein.

Ende vergangenen Jahres hatte sich Jenapharm zu einer freiwilligen Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von je 9250 Euro an 184 Doping- Opfer bereit erklärt, die zuvor vor Gericht Schadenersatzansprüche geltend gemacht hatte. «Das ist eine humanitäre und soziale Geste», hatte Jenapharm-Geschäftsführerin Isabel Rothe dies begründet. Die Vereinbarung folgte einer Einigung zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und 167 Doping-Opfern, denen der DOSB ebenfalls jeweils 9250 Euro Entschädigung zahlt. Gut zwei Drittel der Gesamtsumme von 1,55 Millionen Euro hat der Bund übernommen.

In erster Linie wurden Mädchen und Frauen zum Teil bereits ab 13 Jahren mit Anabolika gedopt. Die Vergabe so genannter unterstützender Mittel stand unter der Leitung des Sportmedizinischen Dienstes (SMD) der DDR. Dessen stellvertretender Leiter Manfred Höppner wurde wegen Beihilfe zur Körperverletzung in den Berliner Dopingprozessen 2000 zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der 2002 verstorbene Ewald erhielt wegen des gleichen Deliktes eine 22-monatige Haftstrafe auf Bewährung. Zahlreiche weitere Trainer, Ärzte und Funktionäre waren zwischen 1998 und 2000 mit Geld- und Bewährungsstrafen belegt worden.

Die damaligen Prozesse und Urteile wurden wegen der lückenlosen Aufzeichnungen möglich. Das System der Leistungsmanipulation war Dank der akribischen wissenschaftlichen Dokumentation so ausgeklügelt, dass DDR-Sportler im Ausland nie positiv getestet wurden. Im vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) akkreditieren Doping-Kontrolllabor Kreischa bei Dresden wurde alle Sportler vor der Ausreise überprüft, ob sie sauber sind.

Eine ähnlich akkurate Dokumentation von Doping-Missbrauch und Leistungsmanipulation gibt es im bundesdeutschen Sport nicht: Hier gab es kein staatlich organisiertes Doping. Jedoch kristallisiert sich zunehmend heraus, dass Sportmediziner der Universitätsklinik in Freiburg eine zentrale Rolle beim Doping im Westen gespielt haben könnten. Licht ins Dunkel soll eine von der Hochschule initiierte Untersuchungskommission bringen. Sie soll die Freiburger Sportmedizin mit ihren gesamten Aktivitäten während der vergangenen 20 Jahre auf den Prüfstand stellen. Immerhin waren nicht nur die im Zuge des jetzigen Doping-Skandals entlassenen Mediziner Georg Huber, Lothar Heinrich und Andreas Schmid Ärzte dieses Klinikums, sondern auch der heute in Südafrika lebende Armin Klümper, dessen Patientin Birgit Dressel war.


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