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Jan Ullrich schweigt noch immer, aber Sponsor T-Mobile verschärft den Ton.
16.07.2006 11:24
T-Mobile will aufräumen - Ullrich droht Kündigung

Gap (dpa) - Im Kampf gegen Doping im Radsport erhöhen Sponsoren und Renn-Veranstalter den Druck. Dem von T-Mobile wegen Doping-Verdachts suspendierten Jan Ullrich droht die Kündigung, weil der 32-Jährige eine 14-Tage-Frist für die Vorlage eines Unschuldbeweises verstreichen ließ.

«Seit Freitag prüfen unsere Anwälte, wie wir jetzt weiter vorzugehen haben. In zehn bis 14 Tagen könnte die Angelegenheit geklärt sein», sagte Christian Frommert, der für das Team zuständige Kommunikationsleiter des Bonner Unternehmens. Ullrich drohen ähnliche Konsequenzen wie dem bereits gekündigten Teamleiter Rudy Pevenage.

«Alle verkrusteten Strukturen müssen aufgebrochen werden. Durch den Radsport muss mit einem Stahlbesen gekehrt werden», benutzte Kai Rapp, der Chef der um den Fortbestand bangenden Deutschland-Tour, deutliche Worte. Eine Woche nach Ende der Tour de France sind erste Gespräche mit dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) in Hamburg unter Leitung des Verbands-Präsidenten Rudolf Scharping zum Thema «Erneuerung» geplant. Das kündigte Frommert an. Bei dem Treffen am 30. Juli beim ProTour-Rennen Vattenfall-Cyclassics solle ein «Runder Tisch» vorbereitet werden.

Spätestens Anfang kommender Woche wird nach über zweiwöchigem Abtauchen eine Erklärung Ullrichs erwartet. «Er muss versuchen, wenigstens Reste seiner Reputation zu retten», sagte der T-Mobile Kommunikations-Chef Philipp Schindera, der dem Team in Beziers einen Besuch abstattete. Die ins Gerede gekommene Radsport-Abteilung, die durch den Doping-Schock um Ullrich erschüttert wurde, soll auf den Prüfstand gestellt werden.

«Alles darf gedacht werden», sagte Frommert, der sich auch nach den jüngsten Veröffentlichungen über den angeblich umfassenden Drogenkonsum Ullrichs seit mindestens zwei Jahren vor das eigene Ärzte-Team von der Uniklinik Freiburg stellte. Es gebe bereits Signale vom nationalen Konkurrenten Gerolsteiner für gemeinsame Anstrengungen gegen die Manipulationen im Radsport. «Entscheidend ist allerdings, dass wir eine internationale Basis schaffen. Ich hoffe, dass der neue Gemeinschaftssinn, der bei der Suspendierung der belasteten Fahrer bei allen Sportlichen Leitern vor der Tour herrschte, anhält und wir noch während der Tour einen Richtung weisenden Beschluss fassen», erklärte Hans-Michael Holczer, der Manager des Gerolsteiner Teams.

Die Suspendierung von neun Profi-Fahrern, darunter der Tour-Favoriten Ullrich und Ivan Basso, sei ein Alarmzeichen gewesen, sagte Frommert. Die Sponsoren müssten sich dringend für eine Reform des Radsports einsetzen und sie auch umsetzen, «Alibi-Veranstaltungen sind nicht gefragt», meinte Frommert, der so etwas wie einen «Klinsmann-Effekt» erhofft.

Auch die Aktiven und die sportliche Teamleitung müssten sich an einem grundlegenden Neuanfang beteiligen. Nur ein «sauberer Radsport» könne für die Sponsoren attraktiv bleiben. Ex-Profi Olaf Ludwig, seit Saisonbeginn neuer Manager des Teams, will sich einem Systemwechsel nicht entgegenstellen, gab aber zu bedenken: «Ich wehre mich dagegen, dass jetzt alles in Frage gestellt werden soll. Man kann nicht bei null beginnen. Ein gewisses Vertrauen zu den Fahrern muss bestehen bleiben, man kann nicht alles kontrollieren wollen.»

Ob das Unternehmen nach Ablauf des Vertrags Sponsor des von Ludwig geleiteten Teams bleibt, hängt von den Erfolgen im Kampf gegen Doping ab. «Wir bleiben auf jeden Fall bis 2008 dabei, das heißt aber nicht: danach ist Schluss», betonte Frommert. Die Bonner, seit 15 Jahren im Profi-Radsport, investieren pro Saison bisher geschätzte 11 bis 12 Millionen Euro ins Team, das demnächst - ohne Ullrich - aber erheblich preiswerter arbeiten kann. Der gestürzte Star kassierte allein jährlich 2,5 Millionen Euro.

Die Enthüllungen über das Doping-Netzwerk der spanischen Mediziner Fuentes und Bartres hätten gezeigt, dass die zurzeit praktizierten Dopingkontrollen des Weltverbandes UCI und der Veranstalter «die größte Schwachstelle» im Anti-Doping-Kampf sind. Weder der geständige David Millar (Schottland) noch Ullrich oder in der Vergangenheit Richard Virenque (Frankreich) waren je in einer Wettkampfkontrolle aufgefallen.

Der Chef der Weltantidopingagentur, Richard Pound, kritisierte in einem Interview mit der «Welt am Sonntag», dass «die Radsportler fast keine Kontrollen außerhalb des Wettkampfs» durchführen. «Ich sehe keinen ernsthaften Fortschritt in der Bemühungen der UCI, der Dopingplage, die zweifelsohne existiert, Herr zu werden», sagte der Kanadier.

T-Mobile will die Zusammenarbeit mit der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) in jedem Fall verstärken. An dem «Runden Tisch» sollten auch bekannte Kritiker der bisher gängigen Radsportpraxis wie der Molekularbiologe Werner Franke und der österreichische Sport- und Ernährungswissenschaftler Kurt Moosburger beteiligt werden, meinte Frommert.


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