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Jens Lehmann rückt im September 2002 vor der Qualifikation für die WM seinen Helm zurecht.
19.01.2004 11:31
Boykotteur Lehmann in Stuttgart

Stuttgart (dpa) - Jens Lehmann kann sich noch gut an jenen Tag erinnern: Es war der 31. Juli des vergangenen Jahres. Der Profi wurde bei den Bahnrad-Weltmeisterschaften in Stuttgart aus der Nationalmannschaft ausgeschlossen.

Er musste die Halle im Anschluss an eine eilends einberufene Pressekonferenz durch die Hintertür verlassen. «Ich bin damals nicht so gegangen, wie ich wollte», sagt der 37-jährige Leipziger heute. Nun ist der Sachse Lehmann, der sich bei der WM mit den Thüringern Daniel Becke, Sebastian Siedler und Christian Bach geweigert hatte, gemeinsam mit Robert Bartko (Potsdam) und Guido Fulst (Berlin) im Vierer anzutreten, zurück am Ort des Skandals.

Beim 21. Stuttgarter Sechstagerennen dreht er bis zum frühen Morgen des 21. Januar seine Runden auf dem Holzoval. «Ich war emotional sehr bewegt, als ich die Halle betreten habe», sagt Lehmann. Schließlich wusste er nicht, wie die Schwaben auf die Rückkehr des WM-Boykotteurs reagieren würden. Doch es gab meist freundlichen Applaus, keine Transparente, und nur ganz vereinzelte Pfiffe bei der allabendlichen Fahrervorstellung. «Ich bin dem Publikum sehr dankbar», sagt der Leipziger.

Dennoch hat die Einladung zu den Stuttgarter Sixdays für Gesprächsstoff gesorgt. Viele haben mit dem Kopf geschüttelt, schließlich hatten die meisten anderen Sechstageveranstalter Jens Lehmann zur unerwünschten Person erklärt. Ausgerechnet in Stuttgart, an der Stätte des größten Skandals im deutschen Bahnradsport, aber auch seines ersten WM-Titels, bekam er die Chance zur Rehabilitation. «Er hat sich schriftlich entschuldigt und in einem mehrseitigen Brief die Hintergründe dargelegt», rechtfertigt Klaus-Dieter Heldmann, der Geschäftsführer der veranstaltenden Stuttgarter Messe- und Kongressgesellschaft, die Einladung.

Jens Lehmann muss in diesen Tagen viel über diesen 31. Juli 2003 reden - und das ist das, was er am wenigsten möchte. «Am 10. Februar ist die Olympia-Qualifikation, bei der ich fahren werde. Und dort werde ich schnell oder langsam fahren», sagt er. «Ich bin motiviert wie selten zuvor.» Die Olympischen Spiele in Athen sind das letzte große Ziel in der Karriere des mehrfachen Olympiasiegers.

Ob er nach Athen darf, ist fraglich. Zwar hat der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) die Sperren gegen die WM-Boykotteure aufgehoben, um aber kurz darauf zu betonen, dass die Athleten neben der sportlichen Qualifikation auch ihre Teamfähigkeit beweisen müssten. Der genaue Sachstand ist unklar. «Ich gehe davon aus, dass ich bei der Olympia-Qualifikation starte», glaubt Lehmann. Einen Start in Athen in einem möglichen Vierer mit Robert Bartko und Guido Fulst schließt er nicht aus, wenngleich er sich nicht zu einzelnen Personen äußern möchte: «Die Besten werden fahren.»

In Stuttgart muss sich Jens Lehmann die Bahn unter anderem ausgerechnet mit Fulst teilen. «Wir können uns in die Augen schauen», sagt Lehmann. Zu den Vorkommnissen im Juli 2003 sagt er nur so viel: «Es ging nie um Personen, das ist in der Öffentlichkeit falsch rüber gekommen. Die Beteiligten wissen, worum es geht.»


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