Berlin/Palma (dpa) - Die Pokerpartie um Jan Ullrich scheint in die letzte Runde zu gehen. «Nächste Woche ist endgültig Deadline», nannte Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage am Rande der Spanien-Rundfahrt eine letzte Frist, bis zu der sich der 29-jährige Olympiasieger über seine sportliche Zukunft entschieden haben wird. Drei Angebote liegen auf dem Tisch.
Ullrichs früherer Arbeitgeber Telekom hat seine Offerte in einem persönlichen Gespräch mit dem Star und dessen Manager Wolfgang Strohband vor zwei Tagen in Bonn unterbreitet. Laut Bianchi-Manager Jacques Hanegraaf liege auch ein konkretes Angebot seines Teams vor: «Zusammen mit einem Partner bieten wir genug Geld, ein vernünftiges Umfeld und die Fahrer, mit denen Jan im nächsten Jahr die Tour gewinnen kann», erklärte der Niederländer.
Möglichkeit Nummer drei ist die außergewöhnliche Offerte der Ferien-Insel Mallorca, die in die arrivierte spanische Mannschaft iBanesto investieren und Ullrich holen will. Bis zu neun Millionen Euro stünden bereit. «Ullrich wäre das i-Tüpfelchen» zitierte die spanische Zeitung «El Mundo» den iBanesto-Manager José- Miguel Echavarri, unter dessen Fittichen Miguel Induráin fünf Mal die Tour de France gewann. Die Banesto-Bank will sich nach Jahrzehnte langem Radsport-Sponsoring Ende dieser Saison zurückziehen.
«Der Knackpunkt bei unseren Verhandlungen ist Pevenage», bestätigte Telekom-Team-Sprecher Olaf Ludwig, der mit einer Ullrich- Entscheidung bis zum 1. Oktober rechnet. Aus Verärgerung über Pevenages abrupten Abgang im vergangenen Jahr kann sich Telekom- Manager Walter Godefroot keine Zusammenarbeit mit seinem belgischen Landsmann mehr vorstellen. Hanegraaf glaube daher nicht an eine Ullrich-Unterschrift in Bonn, wo im kommenden Jahr das «Team T- Mobile» als Telekom-Nachfolger von Pinarello zum zahlungskräftigeren Rad-Sponsor Giant wechseln will.
Die Karten sind verteilt: Folgt Ullrich dem Rat seines Managers, wird es wohl eine neue Zusammenarbeit mit Telekom geben. Folgt er Pevenage, geht die Reise weiter mit Bianchi oder dem geplanten Mallorca-Team. Mit einer eigenen Mannschaft um Ullrich könne nicht nur der Sport, sondern auch der Tourismus gefördert werden, sagte ein Sprecher der Balearen-Regierung.
Im Blick seien besonders die Millionen deutscher Urlauber, die jedes Jahr auf Mallorca ihre Ferien verbringen. Mehrere zehntausend Bundesbürger hätten überdies auf dem Mallorca ihren festen Wohnsitz. Das Team solle den Namen «Illes Balears» (mallorquinisch für: Balearen-Inseln) bekommen und mindestens drei Jahre Bestand haben. Die stärksten Kräfte von Bianchi und iBanesto könnten dort für Kapitän Ullrich fahren.