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Peter Sagan (M) verteidigte seinen WM-Titel. Foto: Oliver Weiken
16.10.2016 17:15
Enttäuschung für deutsche Radstars - Sagan holt WM-Titel

Doha (dpa) - Ein Moment der Unachtsamkeit hat gereicht, und schon war der Traum vom ersten deutschen Rad-Weltmeister seit 1966 beendet. Nach einer Windkantenattacke waren die deutschen Sprintstars im WM-Straßenrennen frühzeitig abgehängt.

Einsam und verlassen rollte Radstar André Greipel zwischen Dohas luxuriösen Bauten dem Sonnenuntergang entgegen. Nichts wie weg, ab ins Teamhotel, war die Devise nach einem schweißtreibenden Tag zum Vergessen. «Viel bleibt von dieser WM nicht hängen. Man kann vieles besser machen. Wir haben Charakter und Mannschaftsgeist gezeigt, leider hat es nicht gereicht», sagte Greipel, nachdem sich in der Hitze von Doha der Traum vom ersten deutschen WM-Titel im Straßenradrennen seit 1966 zerschlagen hatte.

Bei der Siegerehrung des alten und neuen Weltmeisters Peter Sagan, der zukünftig für das deutsche Team Bora-hansgrohe fährt, waren auch Greipels Teamkollegen schon verschwunden. Allesamt hatten sie vorzeitig das Rennen aufgegeben, weil die Lage zu aussichtslos war. Denn schon in der Wüste war alles verloren. Nach einer verpassten Windkantenattacke hatten bis auf John Degenkolb alle deutschen Fahrer den Anschluss verpasst. «Als es losging, hat es uns ein bisschen zerfetzt», formulierte Marcel Kittel die entscheidende Szene nach gut 80 Kilometern treffend.

Zu allem Überfluss ereilte Klassikerspezialist Degenkolb kurz darauf ein Defekt, so dass auch für ihn alle Chancen dahin waren. «Das hat für mich alles entschieden. Ich weiß nicht, wie es ausgegangen wäre, wenn das nicht passiert wäre», sagte der Frankfurter und ergänzte: «Das war eine scheiß Saison dieses Jahr. Aber ich lebe noch, das Leben geht weiter.»

Und das Warten auf den ersten Titel seit dem Triumph des im Juni verstorbenen Rudi Altig vor 50 Jahren auf dem Nürburgring ebenfalls. Dabei schien diesmal die Chance mit zweieinhalb Kapitänen so groß wie lange nicht. Doch auch die stundenlange Jagd nach der Verfolgergruppe war nicht von Erfolg gekrönt. So sprintete Sagan im Finish ohne deutsche Beteiligung bei Temperaturen von erneut über 35 Grad nach 257,3 Kilometern zum erneuten Sieg vor den beiden Ex-Weltmeistern Mark Cavendish (Großbritannien) und Tom Boonen (Belgien).

An einer kniffligen Stelle in der Wüste fiel die Entscheidung bei einem Windrichtungswechsel. Rad-Legende Eddy Merckx hatte seine Landsleute darauf hingewiesen und so waren auch fünf belgische Fahrer in der exquisiten Gruppe vertreten. Der Rest fuhr stundenlang hinterher und verschliss seine Kräfte.

So mussten Greipel, Degenkolb und Kittel auf dem Parcours, der einer Mondlandschaft glich, in der Verfolgergruppe schuften, um irgendwie den Anschluss herzustellen. Schlimmer hätte es kaum kommen können, denn die drei Helfer, darunter auch Zeitfahr-Weltmeister Martin mit seinem großen Motor, waren noch weiter abgeschlagen.

Mit mehr als einer Minute Vorsprung ging die Spitzengruppe auf den Rundkurs. Und der Abstand wuchs weiter, fünf Runden vor Schluss waren es schon gut zwei Minuten. Martin war gar noch weiter zurück und gab frühzeitig auf. Unterdessen war es immer wieder Degenkolb, der in der Verfolgung attackierte und sich zwischenzeitlich mit einem störenden Belgier zoffte («Das war respektlos»). Dann war auch bei ihm der Akku leer, zusammen mit Kittel beendete er das Rennen.

Die Hitze spielte auch diesmal wie schon an den vergangenen Tagen eine große Rolle. Extra-Motorräder hatte die UCI ins Rennen geschickt, um die Fahrer mit Wasser zu versorgen. Dazu versuchten die Radprofis mit Eiswesten den Körper zu kühlen. Auf eine Streckenverkürzung hatte der Weltverband allerdings verzichtet. UCI-Chef Brian Cookson verwies darauf, dass in der WorldTour wie etwa bei der Tour Down Under ähnliche Verhältnisse herrschen.

Enttäuschend war erneut der Zuschauerzuspruch. Sind sonst bei Weltmeisterschaften hunderttausende Fans auf den Beinen, trauten sich diesmal nur mehrere hundert Zuschauer in den Zielbereich.

So ging für den Bund Deutscher Radfahrer eine ansonsten erfolgreiche WM ohne krönenden Schlusspunkt zu Ende. Fünf Medaillen holte das deutsche Team, darunter zwei goldene durch Tony Martin und U23-Starter Marco Mathis im Einzelzeitfahren.

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