Limoges (dpa) - Einen Tag vor der zehnten Etappe der Tour de France herrscht Verwirrung über das angekündigte Funkverbot.
Nach einer knapp 80-minütigen Sitzung des Tour-Veranstalter ASO mit dem Vorstand der Team-Vereinigung IPCT war am 13. Juli noch nicht klar, ob die umstrittene Neuerung auf der 10. (14. Juli) und 13. Etappe (17. Juli) zum Tragen kommt. «Kein Kommentar», antwortete Astana-Teamchef Johan Bruyneel den Fragestellern. Ein Rabobank-Manager sagte: «Die Entscheidung ist vertagt. Wir treffen sie erst direkt vor dem Rennen.» Columbia-Teamchef Bob Stapleton sprach in Limoges von einem «interessanten Prozess».
Das umstrittene Funkverbot auf der zehnten Etappe der Tour de France scheint trotz massiven Widerstands beschlossene Sache. 24 Stunden bevor sich die Fahrer von Limoges nach Issoudun aufmachen, wich der Radsport-Weltverband UCI nicht von seiner Linie ab. Selbst eine Petition der Funkgegner, die die Mehrzahl der Teams unterzeichnet hat, konnte den Verband nicht umstimmen. «Die UCI will davon nichts wissen und reagiert quasi nicht», berichtete Milram-Teamchef Gerry van Gerwen der Deutschen Presse-Agentur dpa nach einem Telefonat mit «Streikführer» Johan Bruyneel vom Astana-Team.
Diese sture Haltung störte den Frieden am Ruhetag in Limoges empfindlich und brachte viele Fahrer auf die Palme. Am lautesten machte der ehemalige Aktiven-Sprecher Jens Voigt seinem Ärger Luft. «Das gibt großes Chaos und ist Humbug. Wir leben im 21. Jahrhundert. Was machen wir als Nächstes? Etwa ohne Helm fahren?», schimpfte der Berliner vom Saxo-Bank-Team.
Das Direktionskomitee der UCI hatte den Vorschlag der ASO, während zweier Etappen auf Funk zu verzichten, um das Rennen interessanter zu machen, am 19. Juni abgenickt. Demnach dürfen die Fahrer auf dem zehnten und 13. Abschnitt nicht mit ihren Team-Leitungen in den Fahrzeugen kommunizieren. Nur das UCI-Komitee könnte die Rolle rückwärts beschließen.
Angeführt wurde die Schar der Kritiker vom Astana-Team, das auch abseits der Strecke die Regie bei der Tour übernommen hat. Bruyneel hatte die Koalition der Funkgegner - laut van Gerwen haben 16 Teams die Petition unterzeichnet - organisiert. Als prominenteste Unterstützer sprangen ihm seine Kapitäne Alberto Contador und Lance Armstrong zur Seite. «Die Tour ist kein Ort für Experimente», meinte Armstrong, der zu Beginn seiner Karriere noch ohne Funk fuhr. Er könne sich noch gut erinnern, als die Teamchefs mit dem Auto ins Feld fahren mussten, um die Rennstrategie mit ihren Fahrern zu besprechen. «Das war dumm.»
Fast unisono verwiesen die skeptischen Fahrer und Sportdirektoren auf die extremen Gefahren, die ein Funkverbot berge. So könnten die Profis etwa nicht vor scharfen Kurven, Rollsplitt oder Ölspuren gewarnt werden. «Man muss sich gut überlegen, ob man sagt, wir wollen das Rennen spannend machen auf Kosten der Sicherheit. Dann können wir auch die Bremsen abbauen», monierte Columbia-Sportdirektor Rolf Aldag. Milram-Kapitän Linus Gerdemann verwies noch auf ein anderes Problem, falls das Funkverbot Bestand haben sollte: «Falls man einen Defekt hat, fährt der Materialwagen vielleicht vorbei, ohne einen zu sehen.»