Bremen (dpa) - Angeführt von Erik Zabel will das Milram-Team die Gunst des Telekom-Rückzugs nutzen und sich mit einem strikten Anti- Doping-Kurs als deutscher Vorzeige-Rennstall profilieren.
Mit einem Bekenntnis zu «hundertprozentiger Transparenz» präsentierte Teammanager Gerry van Gerwen in Bremen seine Rad-Equipe für die neue Saison und kündigte den Aufbau einer Team-Basis in Dortmund an: «Eines unserer Ziele ist natürlich die Etablierung als deutsches Team.» Zabel, der gemeinsam mit Alessandro Petacchi eine «Doppelspitze» bildet, deutete sein Karriereende an: «Ich denke, es wird meine letzte Saison sein, außer es macht so viel Spaß und Alessandro bittet mich, noch eine Saison dranzuhängen.»
Zabel gab zu, dass nach seinem tränenreichen Dopinggeständnis vom 24. Mai 2007 («Eine Woche EPO bei der Tour 1996») die vergangenen Monate nicht einfach gewesen seien: «Die Geschichte, die in 2007 offenbart wurde, hat mir sicherlich zu schaffen gemacht.» Damit zu leben, sei «nicht sehr angenehm».
In einem ausführlichen Vortrag stellte van Gerwen das neue Anti-Doping-Programm vor, das mehr als 600 Tests in der neuen Saison beinhaltet. In enger Zusammenarbeit mit Organisationen wie dem Weltverband UCI und der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA präsentierte der Niederländer einen Maßnahmenkatalog, den alle Fahrer unterschrieben hätten. Künftig werde bei einem Dopingverdacht ein Fahrer sofort suspendiert, nach Bestätigung entlassen und muss sein Jahresgehalt zurückzahlen. Zudem werde er vier Jahre bei keinem ProTour-Team einen Vertrag erhalten. Auch eine Schadensersatzklage ist nicht ausgeschlossen. «Man muss auch schwere Geschütze auffahren, um Wirkung zu erreichen», betonte Vorstandsmitglied Martin Mischel vom Hauptsponsor Nordmilch AG.
Mischel räumte ein, dass die Entscheidung pro Radsport nicht einfach gewesen sei: «Wir wissen, dass es risikobehaftet ist.» Zabels Doping-Beichte sei «als vergangen abgeschlossen». Der Vertrag mit van Gerwen, dessen Betreibergesellschaft mit Sitz in Dortmund künftig «Velo-City» heißt, sei «unabhängig von UCI und Ähnlichem». Sollte ein Fahrer - wie jüngst Gerolsteiner-Profi Stefan Schumacher - bei einem von den Verbänden nicht anerkannten Test etwa durch die Polizei positiv getestet werden, könne Nordmilch reagieren. «Es gibt dann die Möglichkeit auszusteigen», sagte Mischel der Deutschen-Presse Agentur dpa.
Für die kommende Saison werde die Mannschaft ihren Fokus auf die deutschen Rennen und die Tour de France legen, kündigte van Gerwen an: «Drei, vier, fünf Etappensiege ist nicht unmöglich.» Mit Verweis auf seine Kapitäne Zabel und Petacchi, der sich in Italien Dopingverdächtigungen ausgesetzt sieht, sagte er: «Wir sind fast das einzige Team mit zwei Supersprintern.» Es sei realistisch, ein Drittel aller Rennen in Deutschland zu gewinnen. In Dortmund sollen die 27 Fahrer - darunter zwölf deutsche - von Sommer an wohnen und trainieren.
Nach dem Radsport-Aus von T-Mobile ist Milram das einzige deutsche Team, dessen Zukunft bis Ende 2009 gesichert ist. Ende November hatte van Gerwen dem mit Dopingvorwürfen belasteten Italiener Gianluigi Stanga, den auch Jörg Jaksche in seinen Ausführungen genannt hatte, die ProTour-Lizenz abgekauft und aus Milram einen deutschen Rennstall gemacht. Beim nationalen Konkurrenten Gerolsteiner muss Team-Chef Hans-Michael Holczer einen neuen Geldgeber für 2009 suchen.
Ein mögliches Engagement der Doping-Kronzeugen Patrik Sinkewitz und Jaksche, deren Aussagen den Radsport erschüttert hatten, schloss van Gerwen aufgrund der getroffenen Vereinbarungen aus: «Wir sind Gefangene unserer eigenen Regelungen.» Sinkewitz hatte zuvor sein Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet: «Das ist durchaus eine Option, über die ich nachdenke.»