Stuttgart (dpa) - Der WM-Dritte Stefan Schumacher hat seine kurz vor der Rad-Weltmeisterschaft gemessenen Blutwerte offengelegt und fühlt sich als Opfer falscher Verdächtigungen. «Es ist nicht angenehm, unschuldig hier zu sitzen und sich rechtfertigen zu müssen», sagte Schumacher in Stuttgart.
Nach Ansicht seines Anwalts Michael Lehner sind sämtliche Verdachtsmomente aus der Welt geschafft: «Es gibt hier eine Faktenlage, die mir ganz klar sagt: Das ist kein Dopingfall.» Der Fall von Stefan Schumacher sei ein Lehrbeispiel dafür, «wie sorgsam man mit Vorverdächtigungen umgehen sollte», erklärte Lehner. Als Beweis präsentierten der Jurist und sein Mandant Schumacher unter anderem das Ergebnis einer unangemeldeten Blutkontrolle durch die Nationale Anti-Doping-Agentur, die laut NADA mehrere erhöhte Werte aufgewiesen habe. Schumacher hatte dies mit einer Durchfallerkrankung erklärt.
Der Radprofi legte zudem sämtliche Ergebnisse aller vom Internationalen Radsportverband UCI seit dem 1. Januar 2006 bei ihm durchgeführten Blutkontrollen offen. Die Verdächtigungen gegen ihn seien «ein Albtraum» gewesen, sagte der Nürtinger. «Ich kam mir vor wie im falschen Film.»
Das von dem 26 Jahre alten Profi des Teams Gerolsteiner in Kopie vorgelegte Dokument des Instituts für Biochemie an der Universität Köln weist für den Test vom 25. September einen Hämatokritwert von 50,5 Prozent auf. Obwohl ein durch diesen Wert ausgedrückter Anteil roter Blutkörperchen von mehr als 50 Prozent als Hinweis auf mögliches EPO-Doping und gemeinhin als Grund für die Verhängung einer vorläufigen Schutzsperre gilt, hatten der Weltverband UCI und der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) darauf verzichtet. Diese Maßnahme hätte Schumachers WM-Start unmöglich gemacht. Das eineinhalb Wochen nach der WM mitgeteilte Resultat der ebenfalls am 25. September bei Schumacher entnommenen Urinprobe war negativ.
Wie Lehner während der knapp zweistündigen Pressekonferenz anhand von Auszügen aus dem Regelwerk der UCI darlegte, habe aber auch ohne diesen negativen Dopingtest keine Grundlage für eine solche Sperre bestanden, da hierfür zudem ein Hämoglobinwert von über 17 Prozent gemessen werden müsse. Das von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zertifizierte Kölner Labor weist für besagten Test ein Ergebnis von 16,9 Prozent aus. In diesem Zusammenhang übte Lehner scharfe Kritik an der NADA und warf ihr fachliche Schwächen und verantwortungslosen Umgang mit den Daten eines «unschuldigen Athleten» vor. «Der Fall Schumacher wäre mit einem einzigen Blick der NADA in die Blutwerte schon abgeschlossen gewesen. Solche Dinge dann noch nach außen zu geben, ist unverantwortlich», sagte der Jurist, der auch die geständigen Dopingsünder und Kronzeugen Jörg Jaksche und Patrik Sinkewitz vertritt.
Die Unregelmäßigkeiten bei den Werten Schumachers, der laut UCI- Tests seit 2006 nie einen höheren Hämatokritwert als 47,6 Prozent hatte, seien durch die Dehydrierung aufgrund eines akuten Durchfalls begründet. Als Bestätigung legte Schumacher wissenschaftliche Studien vor, die einen möglichen Anstieg des Hämatokritwertes um vier Prozent bei akutem Durchfall belegen sollen. Zudem hätte die NADA sich nicht an das von der UCI vorgeschriebene Prozedere für die Entnahme und Analyse von Blutproben gehalten, was zu weiteren Schwankungen führen könne. So sei sein Blut rund drei Stunden nach der von der WADA vorgeschriebenen Uhrzeit um acht Uhr morgens entnommen worden. Dass er nur wenige Tage nach seinem Infekt zu WM-Bronze fuhr, begründete Schumacher mit seinem guten Trainingszustand. «Ich hatte ja zum Glück noch ein paar Tage zum regenerieren, sonst hätte ich die WM nicht fahren können.»