Köln (dpa/rad-net) - Trauer bei Gerald Ciolek - überbordende Freude bei Juan-José Haedo: Die Emotionen der beiden Newcomer waren bei der 92. Auflage des deutschen Rad-Klassikers «Rund um Köln» sehr unterschiedlich.
Der Neuling aus dem T-Mobile-Team ging bei seinem Heimspiel auf der Zielgeraden nach einem Rempler schmerzhaft zu Boden, während an der Spitze der einzige argentinische ProTour-Profi unter rund 600 Elite-Fahrern sein Glück kaum fassen konnte.
«Nach meinen beiden Erfolgen im Februar bei der Kalifornien-Rundfahrt ist das mein dritter Sieg in dieser Saison und mein erster in Europa. Bei uns ist das kein riesengroßer Sport. Auch die wirtschaftliche Situation ist nicht so einfach und nur wenige finden die Unterstützung, nach Übersee gehen zu können», sagte der 26- jährige Haedo, der sich mit Hilfe seines findigen Teamchefs Bjarne Riis bereits als respektierter Sprinter etabliert hat.
In Köln besiegte der CSC-Profi, der im Winter einen Vertrag im dänischen Team des Toursiegers von 1996 bekam, im Sprint am Niederländer Ufer vor vielen Tausend Zuschauern nicht irgendwen: Seinem Antritt nach 203 Kilometern waren weder der erfahrene Australier Graeme Brown noch der italienische Sprinter-Star Alessandro Petacchi gewachsen. Haedo sieht seiner Zukunft gelassen entgegen: «Ich bin nach Europa gekommen, um zu lernen. Im Winter habe ich viel gearbeitet, besonders in den beim Team CSC bekannt harten Trainingslagern.»
Frustriert und mit zerrissenem Trikot rollte Hoffnungsträger Ciolek ins Ziel und verschwand zunächst kommentarlos im Wohnmobil seines Teams. Der U23-Weltmeister wollte quasi vor der eigenen Haustür den ersten Sieg für sein neues Team einfahren. Lange sah es danach aus, als könne der 20-jährige Pulheimer ein Wörtchen mitreden. Doch wenige Meter nach der 1000-Meter-Marke war es aus: erst intensiver Körperkontakt mit einem Kontrahenten, dann der Sturz. «Eigentlich will ich gar nicht wissen, wer mich da so bedrängt hat», sagte Ciolek. «Aber ich bin schon richtig enttäuscht», gab das Sprinttalent zu.
«Für uns war das hier ein sehr wichtiges Rennen, umso schöner wäre es gewesen, die Arbeit der Mannschaft auch erfolgreich abschließen zu können», meinte Ciolek, der um die Wertigkeit eines möglichen Kölner Erfolges wusste. Langfristig soll er bei den Bonnern in der Ära nach Jan Ullrich der Mann der Zukunft sein. Jetzt hofft der deutsche Meister von 2005, der sich bei seinem Sturz nicht ernsthaft verletzte, auf die Niedersachsen-Rundfahrt und das Henninger Turm-Rennen am 1. Mai in Frankfurt.
Dort war Ciolek im letzten Jahr Zweiter. Ihn erwartet ein weiteres Duell mit dem großen Erik Zabel, der Ciolek bereits vor zwei Jahren nach der Niederlage bei der deutschen Meisterschaft mit dem Titel «mein legitimer Nachfolger» adelte.
Auch der Deutsche Meister Dirk Müller (s. Foto li.) vom Team Sparkasse stürzte schwer. Fast genau 20 km vor dem Ziel stürzte er in ein Absperrgitter und machte die Hoffnungen des Deutschen Meisters zu Nichte. Mit einem Schlüsselbeinbruch und einer schweren Gehirnerschütterung musste Müller ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dennoch durfte Teammanager Mark Claußmeyer mit dem sportlichen Ausgang seines Teams beim Klassiker zufrieden sein. „Wir waren das beste Nicht-Pro-Tour-Team und hatten auf Platz 6 den besten Deutschen Fahrer“, bilanzierte Claußmeyer.