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24.11.1998 10:06
Ehemaliger Festina-Masseur sorgt wieder für Wirbel

Ein Interview mit dem ehemaligen Festina-Masseur Willy Voet im Dezember-Heft der Radsport-Zeitschrift "Tour" sorgt für Wirbel. Der 53jährige Belgier, der den Doping-Skandal bei der Tour de France ausgelöst hatte, brachte indirekt auch die sportliche Führungsspitze des Bonner Telekom-Teams und den Festina-Sprinter Marcel Wüst (Köln) mit Doping in Verbindung. "Man darf sich nichts vormachen: Godefroot, Pevenage und Frans van Looy sind ehemalige Profis - die wissen doch wie's läuft", sagte Voet in dem Sechs-Seiten-Interview. Radsport und Doping - das sei nach Meinung des nach mehrmonatiger Haft wieder auf freiem Fuß befindlichen Voet ein "einziges, großes, organisiertes System". In der Festina-Mannschaft, die bei der Tour vor der 7. Etappe aus dem Rennen genommen wurde, hätten laut Voet nur vier Fahrer nicht gedopt, unter ihnen der Hamburger Jan Ullrich-Freund Andre Korff. "Ich habe definitiv nie etwas genommen und mich hat im Team niemand dazu aufgefordert. Ich muß zugeben, daß mich die Nachrichten bei der Tour - ich hatte 30 Tage vorher meinen Vertrag bei Festina unterschrieben - schon eigenartig gestimmt haben. Ich will meinen Sport weiter so wie bisher betreiben, ohne Doping. Im nächsten Jahr rechne ich mit der Chance bei Festina und hoffe auf mein Tour-Debüt", sagte der 25jährige Korff. Angesprochen auf den erfolgreichen Festina-Sprinter Wüst, sagte Voet in dem Zeitungs-Interview vieldeutig: "Marcel ist ein alter Krieger. Er ist intelligent und wird wissen, worüber ich rede". Dazu nahm Wüst, derzeit im Training auf Mallorca, am Dienstag Stellung: "Wie glaubhaft Voet ist, sei dahingestellt. Er ist eine in die Enge getriebene, arme Socke. Seine Behauptungen und Andeutungen über mich sind nicht haltbar. Leider ist es in der Öffentlichkeit so, daß wir Radsportler neuerdings unsere Unschuld beweisen müssen, anstatt umgekehrt uns die Schuld bewiesen wird." Die Art der verbotenen Medikamente, die die Fahrer selbst bezahlen mußten, und die verabreichten Dosen hätte Voet verschlüsselt in sein Notizbuch geschrieben. Das hatte er der französischen Justiz vor- und offengelegt. Voet bestätigte auch ausdrücklich die Geständnisse der Festina-Fahrer Laurent Dufaux, Armin Meier und Alex Zülle (alle Schweiz), die zugegeben hatten, das Blutdopingmittel Erythropoietin (EPO) und Wachtumshormone genommen zu haben. Die Profis, die Festina inzwischen verlassen haben, dürfen nach abgelaufenen Sperren ab 1.Mai 1999 wieder fahren. "Ich möchte eigentlich nichts dazu sagen. Der Mann war im Gefängnis, und das ist eine abgeschlossene Sache. Wir hatten bei Kontrollen niemals Probleme. Telekom bekennt sich klar zu den Anti-Doping-Bestimmungen und ist wie alle Profi-Teams einverstanden mit der neuen Doping-Charta, die auf Initiative der Tour-Organisatoren eingeführt wird." So reagierte am Dienstag auf Anfrage Telekom-Teamleiter Walter Godefroot in Gent. "Ich kann nicht sagen, ob Ullrich oder Pantani gedopt sind. Aber auf diesem Niveau sind alle Teams gleich, alle. Da gibt's keine Geheimnisse", sagte Voet weiter, der sich seit 30 Jahren im Profi-Radsport-Milieu bewegt. Die Dauer-Angriffe seines Team unter der Regie von Richard Virenque (Frankreich) bei der Tour 1997 auf den Träger des Gelben Trikots, Ullrich, seien durch Doping zu erklären. Voet: "All dies erklärt, warum wir Ullrich unablässig attackieren konnten." Der belgische Betreuer, der drei Tage vor dem diesjährigen Tourstart an der belgisch/französischen Grenze von Zollbeamten mit einem offiziellen Mannschaftswagen voller Doping-Präparate gestellt worden war, hält die mit hohen finanziellen Mitteln versehene Telekom-Initiative gegen Doping für Augenwischerei: "Festina hat ähnliches vor im nächsten Jahr. Aber meiner Meinung nach dient das der Verschleierung, der Ablenkung, wie alles andere auch." Auch den Weltverband UCI beschuldigte Voet der Komplizenschaft: Mit Wissen des Dachverbandes hätte der positiv getestete Laurent Brochard (Frankreich/Festina), 1997 Straßen-Weltmeister in San Sebastian, ein ärztliches Attest zurückdatieren lassen. In Brochards Urin war das verbotene Schmerzmittel Lidokain nachgewiesen worden. Voet: "Das Dossier für Brochard wurde in großer Panik zusammengebastelt."
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