Stuttgart (dpa) - Der Kampf um einen Neuanfang im Radsport wird kurz vor WM-Beginn von zwei Top-Favoriten auf die Probe gestellt. Titelverteidiger Paolo Bettini verweigerte bisher seine Unterschrift unter die Ehrenerklärung des Weltverbands UCI für einen sauberen Radsport.
Und der des Dopings verdächtige Spanier Alejandro Valverde kämpft mit allen juristischen Mitteln um seinen Start beim Straßenrennen am 30. September. Damit rückte vor dem WM-Auftakt das oft propagierte «umfangreichste Kontrollprogramm der Geschichte» mit mehr als 200 Doping-Tests in den Hintergrund.
Einer WM-Teilnahme oder gar einem Medaillenplatz der beiden Spitzenprofis blickt WM-Organisationschefin Susanne Eisenmann skeptisch entgegen. «Da stellt sich die Frage, ob der Radsport damit mehr Fragezeichen auslösen würde, als an seiner Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit zu arbeiten», sagte die Stuttgarter Sportbürgermeisterin der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Vor allem der Fall Bettini löste hektische Betriebsamkeit aus. Am Morgen sprachen Vertreter der UCI und des italienischen Radsport-Verbandes mit dem Klassiker-Spezialisten - vorerst ergebnislos. «Es ist ein Situation, die man klären muss. Alle anderen Fahrer haben die UCI-Erklärung unterschrieben, Herr Bettini ist die absolute Ausnahme. Ich würde mir wünschen, dass Ausnahmen nicht geduldet werden im Sinne eines glaubwürdigen Neuanfangs», richtete Eisenmann einen Appell an die Adresse des Weltverbandes, der über einen Start des Italieners entscheiden muss.
Ende Juli hatten die WM-Veranstalter - unter ihnen die UCI - festgelegt, dass nur Fahrer eine Start-Erlaubnis bekommen, die die UCI-Ehrenerklärung unterzeichnen. Zudem sollen «unter konkretem Dopingverdacht» stehende Profis nach der «Vereinbarung über die Anti- Doping-Regelung» zur WM von der Teilnahme ausgeschlossen werden.
Doch trotz dieser Bedingung hat der spanische Verband - mit Unterstützung von Sportminister Jaime Lissavetsky - seinen Top-Fahrer Valverde, der Kunde des Doping-Arztes Eufemiano Fuentes gewesen sein soll, nominiert. Vier Tage vor dem Straßenrennen wird sich vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne entscheiden, ob Valverde gegen den Willen des Weltverbandes beim WM-Höhepunkt starten darf. «Das größte Problem, das wir bezüglich Doping und Radsport haben, kommt aus Spanien», betonte UCI-Chef Pat McQuaid.
Dennoch setzt der Ire in die Titelkämpfe in Stuttgart große Hoffnungen: «Es geht um einen Neuanfang.» Neben den ausgeweiteten Trainingskontrollen im Vorfeld der Titelkämpfe wird gegenüber der WM 2006 in Salzburg die Zahl der Doping-Tests vor und nach den Rennen auf rund 130 verdoppelt. Für den Anti-Doping-Experten Werner Franke sind die Maßnahmen aber nur eine «erhöhte Stufe der Volksverdummung». Auf die Frage, ob es eine dopingfreie WM geben könnte, sagte der Molekularbiologe im ZDF: «Es ist eine Lüge. Man weiß, dass es nicht der Fall ist.» Auch alle deutschen Teams und alle Insider des Geschäfts wüssten dies.