Mainz (rad-net) - Rudolf Scharping spricht heute lieber über Bergetappen, als sich über Kanzlerwahlen den Kopf zu zerbrechen. Sorgen bereiten ihm andere Dinge. Doping zum Beispiel. Im SPORTstudio
am Samstag Abend machte sich der Ex-Verteidigungsminister für Anti-Dopinggesetze stark.
Vor zwei Wochen wurde der 57-Jährige in Saarbrücken mit überwältigender
Mehrheit zum Präsidenten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) gewählt. Im
September vergangenen Jahres war Scharpings Vorgängerin Sylvia Schenk nach
langen verbandsinternen Streitigkeiten von ihrem Amt zurückgetreten. Nun wünscht
sich Hobby-Radler Scharping vor allem eine harmonischere Zukunft im Verband.
Hondos Ende?
Aber: Gehörige Turbulenzen begleiteten Scharpings Einstand als Verbandsfunktionär. Danilo Hondo vom Team Gerolsteiner wurde bei der Murcia-Rundfahrt Anfang März positiv auf ein verbotenes Stimulanzmittel getestet. Die B-Probe, die endgültigen Aufschluss über den Verdacht gibt, wird in der nächsten Woche ausgewertet. Fällt diese ebenfalls positiv aus, droht dem Star-Sprinter eine zweijährige Sperre. Ein weiterer Schock für den deutschen Radsport.
Nicht nur deshalb hat Scharping dem Doping einen noch härteren Kampf angesagt. "Doping ist nun einmal Betrug, und da muss man rigoros gegen vorgehen", sagt der ehemalige rheinlandpfälzische Ministerpräsident im SPORTstudio. Im selben Atemzug nimmt er die Radfahrer-Gilde aber auch in Schutz. "Man schlachtet die Herde nicht wegen eines schwarzen Schafes."
Noch im Bundestag
Den Missbrauch könne man eben nicht ganz ausschließen, meint Scharping. Deshalb denkt Scharping auch an die Möglichkeit, sogar gesetzlich gegen Doping vorzugehen. Den Politiker in sich will er eben nicht ganz verbergen, zumal Scharping derzeit auch noch als Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Montabaur (Rheinland-Pfalz) arbeitet.
Politisch ist es um den ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten dennoch ruhig geworden, dafür will er nun sportlich einiges bewegen - auf Verbandsebene im BDR. "Wir müssen näher an die Menschen rankommen und vor allem die Vereinsarbeit fördern. Es gibt immerhin 2500 Vereine in Deutschland", sagt Scharping und bedauert, dass die meisten Radler ihr Hobby als reine Privatsache sähen und den Weg in die Vereine scheuten.
Hobby-Radler
Schon seit vielen Jahren ist der ehemalige Verteidigungsminister, der 2002 mehr oder weniger freiwillig aus Gerhard Schröders Kabinett ausschied, selbst ein passionierter Hobby-Radler im Verein.
Während seiner Zeit als Oppositionsführer kaufte sich Scharping ein Rennrad und fährt seitdem "bestimmt dreitausend Kilometer pro Jahr". Stolz berichtet er: "Ich bin auch schon einige Tour-Etappen nachgefahren. Unterwegs fragt man sich zwar, wie bescheuert man eigentlich ist. Doch wenn man oben steht, ist es ein großer Triumph".
Auf Fischers Spuren
Mit Leidenschaft erzählt er von seinem Hobby, das nun auch sein Nebenjob geworden ist. Authentisch wirkt er dabei. Schließlich macht Scharping nicht nur im dunklen Zweireiher, sondern auch im magentafarbigen Radfahrer-Trikot eine gute Figur. Der Vergleich zum Ex-Marathonläufer Joschka Fischer drängt sich auf.
Scharping auf der Überholspur? Besser trainiert wirkt er jedenfalls als der nicht mehr ganz so schlanke Grünen-Politiker.
Quelle: ZDF.de