Scherzingen (dpa) - Jan Ullrich ist zwei Monate vor Beginn der Tour de France noch die Ruhe in Person. «Ich höre für den Sommer keine Alarmglocken läuten», widersprach der 30-jährige Olympiasieger Kritikern, die ihm einen erheblichen Trainings-Rückstand bescheinigten.
«Ich arbeite hart an meiner Ausdauer und meinem Gewicht, was ja mein Handicap ist», sagte Ullrich in einem Interview der ARD. Der «Sportler des Jahres» hatte sich vor zehn Tagen nach seinem Ausstieg beim Flèche Wallonne in eine Trainingsklausur an seinen Wohnort an den Bodensee zurückgezogen.
Er trainiere pro Tag sechs bis sieben Stunden, erklärte der Toursieger von 1997. «Hier kann ich mich in Ruhe vorbereiten und habe den Kopf frei. Es kommen noch bessere Tage von mir», versprach Ullrich. Der T-Mobile-Kapitän trainiert unter der Leitung seines Betreuers Rudy Pevenage zusammen mit seinen Team-Kollegen Andreas Klöden und Matthias Kessler, die einen Abstecher zum Frankfurter «Rund um den Henninger Turm» unternommen hatten.
«Seine Motivation stimmt, und er trainiert hart. Es ist jetzt noch ein bisschen früh, etwas über einen Formanstieg zu sagen. Aber er wird es schaffen - er hat ja keine andere Chance», sagte Pevenage, der nach einem kurzen Abstecher nach Belgien wieder das Training leiten wird. Ullrich soll bis zu seinem ersten Rennen am 29. Mai in Erfurt noch mindestens zwei Schlüsseletappen der am 3. Juli in Lüttich beginnenden Tour abfahren. «Wir inspizieren die Strecke in Besancon und werden auch den Anstieg nach L'Alpe d'Huez trainieren», sagte Pevenage. An beiden Orten finden Zeitfahren statt.
«Es war ein großes Risiko, meine Vorbereitung zu ändern und auf die Frühjahrs-Klassiker zu verzichten. Aber alles lief besser als erwartet», ließ Ullrichs vermeintlich härteste Tour-Widersacher Lance Armstrong wissen. Der Texaner hatte zum ersten Mal auf März- und April-Termine in Europa verzichtet und bereitet sich in den USA vor. Drei Siege in der bisherigen Saison sind seine zufrieden stellende Bilanz.
Im Mai kehrt Armstrong nach Europa zurück und wird auch zahlreiche Tour-Etappen testen. Allein die Zeitfahr-Strecke nach L'Alpe d'Huez will er «mindestens 15 Mal» fahren. Fünf Tage vor dem Tour-Ende findet dort der mutmaßlich entscheidende Kampf gegen die Uhr über 15 km statt.