Schoten/Berlin (dpa) - Der «Löwe von Flandern» rollt mit 38 Jahren in Rente. Der Abschied von Johan Museeuw, so etwas wie das sportliche Vorbild für Erik Zabel, verlief nicht ganz standesgemäß.
Der Weltmeister von 1996 beendete den Schelde-Preis als 77. im Hauptfeld. Geschenke wurden nicht verteilt, ein Ausreißversuch Museeuws zwölf Kilometer vor dem Ziel wurde vereitelt. Sein 16 Jahre jüngerer Landsmann Tom Boonen, der in Belgien als sein Nachfolger gehandelt wird, holte den Sieg.
«Mit durchschnittlichem Talent habe ich viel erreicht. Das erfüllt mich mit Stolz», sagte Museeuw bescheiden. Als Zeichen für seine elf Weltcup-Erfolge trug der schweigsame Flame, der in seiner Heimat hinter Eddy Merckx auf einer Stufe mit Rik van Looy und Rick van Steenbergen steht, in seinem letzten Rennen die Startnummer elf.
«Er war der beste Klassiker-Fahrer seiner Generation. Jetzt ist es Erik Zabel», würdigte T-Mobile-Manager Walter Godefroot Museeuw, der in 16 Jahren als Radprofi 101 Siege feierte, je drei Mal die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix gewann und fünf Tage bei der Tour de France das Gelbe Trikot trug.
Ostersonntag stand er in Roubaix kurz vor seinem vierten Erfolg, womit er den Rekord seines Landsmannes Roger de Vlaeminck eingestellt hätte. Ein Defekt im Finale hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht und nur Rang fünf zugelassen. Seinen letzten großen Erfolg hatte Museeuw 2002 bei den Cyclassics in Hamburg gefeiert.
Im Sommer will der Belgier, der seiner Quickstep-Mannschaft erhalten bleiben will, mit dem früheren Bayern-Torwart Jean-Marie Pfaff von München nach Brasschaat radeln. Für einen guten Zweck, in mehreren Etappen mit rund 120 Kilometern pro Tag. Museeuw, der sich seit langem für die Kinder-Krebshilfein engagiert, konnte in seiner langen Karriere Doping-Anschuldigungen nicht vermeiden. Im Zuge der Ermittlungen gegen einen Tierarzt hatte ihn die belgische Polizei im Vorjahr verhört und in seinem Haus nach belastendem Material gesucht.
Nach schweren Unfällen schien seine Laufbahn schon zwei Mal beendet zu sein: 1998 nach einem Sturz bei Paris-Roubaix im Wald von Arenberg, bei dem er sich die Kniescheibe brach. Nur wenig fehlte und ein Bein hätte amputiert werden müssen. «Als ich nach drei Monaten wieder aufs Rad stieg und eine Stunde lang gemächlich durch die Gegend fuhr, fühlte ich mich wie neu geboren. Das war der schönste Moment meiner Karriere», erzählte Museeuw. Im Sommer 2000 brach er sich bei einem Motorradunfall Knie und Schlüsselbein. Doch erneut kehrte der "Leeuw" zurück und gewann 2002 in Roubaix - vor Steffen Wesemann - zum dritten Mal.