dpa: Sie fahren in Erfurt Ihr erstes Rennen seit dem 1. Mai. Wie geht es Ihnen fünf Wochen vor dem Tourstart nach dem Wettkampf-Stopp durch die Querelen um ihr altes Coast-Team?
Ullrich: «Eigentlich ist die Form nach den ganzen Vorkommnissen ganz gut. Aber ich sitze hier in Erfurt zum ersten Mal seit sechs Tagen wieder auf dem Rad. Eine Magen-Darm-Grippe hatte mich gestoppt. Das hat ganz schön Kraft gekostet. Vorher hatte ich täglich sechs bis acht Stunden gut trainiert, hatte kaum einen Durchhänger.»
dpa: Wie haben Sie das Verwirrspiel um den Wechsel vom insolventen Coast-Team von Günther Dahms zum neuen Bianchi-Mannschaft verkraftet?
Ullrich: «Das hat natürlich Körner gekostet. Viele Fragen standen im Raum: Kann ich jetzt fahren oder nicht? Für was trainiere ich überhaupt? Dann die ganzen Telefonate mit Anwälten. Ich habe Wut auf Dahms, er hat uns gezielt verarscht.»
dpa: Wie wirkten sich die Störungen in den vergangenen Wochen auf Ihre Aussichten für die am 5. Juli beginnende Tour de France aus?
Ullrich: «Optimal läuft eine Tour-Vorbereitung sowieso nicht. Wir sind nach den Verlusten von Zülle und Beltran, von denen ich mir sehr viel versprochen hatte, sicher nicht das beste Tour-Team. Aber ich kann da ohne Stress rangehen und werde nicht rumspinnen, zu glauben, einen Toursieg zu holen. Das habe ich mir abgeschminkt. Ich habe mir für meinen Teil was vorgenommen. Ich werde jeden Tag kämpfen. Aber wenn es nicht reicht, werde ich meine Packung kriegen. Vielleicht ein Etappen-Sieg - das wäre super.»
dpa: Wie sehen Sie die Zukunft Ihres neuen Bianchi-Teams, das in 14 Tagen förmlich aus dem Boden gestampft wurde?
Ullrich: «Ich habe mich für die langfristige Lösung entschieden. Ich hätte auch woanders hingehen können. Dass jetzt alles klar ist, bedeutet auch eine Extra-Motivation für mich. Ich gehe davon aus, dass sich das neue Team verbessern und vergrößern wird. Ich rechne mit diesem Jahr plus zwei Jahre für mich.»
dpa: Haben Sie davon gehört, dass Marco Pantani im Bianchi-Team an Ihrer Seite die Tour fahren will?
Ullrich: «Davon habe ich gelesen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass da etwas dran ist.»
dpa: Sie werden demnächst zum ersten Mal Vater ...
Ullrich: «Die bevorstehende Geburt motiviert mich richtig gut. Der Termin ist in fünf bis sechs Wochen. Man kann noch nicht sehen, ob es ein Junge oder Mädchen ist.»
Andreas Zellmer, dpa