Berlin/Hamburg (dpa) - Jan Ullrich trainiert, zieht in die Schweiz um und wartet weiter auf die Vertragsunterschrift bei seinem alten Team-Kollegen Bjarne Riis: Die für die sportliche Zukunft des Olympiasiegers wichtigste Neuigkeit fehlt in der aktuellen Nachrichtenlage um den einst gefeierten Rad-Star.
Sein Manager Wolfgang Strohband brachte sogar vorsichtig wieder andere Interessenten an dem bis 23. März 2003 gesperrten Ullrich, der mit vorsichtigem Training auf der Rolle begann, ins Spiel: «Mit den Sponsoren hat sich bei Riis noch nichts Neues getan. Andere Angebote liegen nach wie vor in der Schublade.»
«Strohband hat unser Angebot. Wenn es mit Ullrichs Wunschteam bei Riis nicht klappt, steht das nach wie vor. Das Geld für Ullrich wäre bei uns vorhanden. Wenn auf der Gegenseite Interesse besteht, müsste das Ullrich-Management jetzt an uns herantreten», sagte Wolfram Lindner, der Sportliche Leiter der nationalen Telekom-Konkurrenz Coast. Der ehemalige DDR-Auswahltrainer, der in der kommenden Woche mit seinem Schweizer Spitzenfahrer Alex Zülle den Vertrag fixieren will, glaubt fest an Ullrichs Rückkehr: «Er schafft sein Comeback.»
Ullrichs im Schweizer «Blick» veröffentlichter Umzug an den Bodensee wertete der 28-Jährige als weiteres Indiz für den radikalen Neubeginn nach der Abkehr von Telekom. Nach langen Gesprächen mit seiner Lebenspartnerin Gaby Weis habe er sich entschlossen, «einen weiteren Schnitt zu machen. Nach dem Team werde ich nun auch den Wohnort wechseln. Gaby und ich haben ein schönes Haus im Kanton Thurgau mit Blick auf den Bodensee gefunden», vermeldete der Immobilien-Liebhaber auf seiner Internetseite. Sein Haus in Merdingen behält er, das neue Anwesen soll laut «Bild am Sonntag» 1,2 Millionen Euro kosten.
«Er hat da noch bessere Trainingsmöglichkeiten mit den Alpen vor der Tür. Außerdem liegt sein neues Haus nicht weit weg von seinem bisherigen Wohnsitz. Steuerliche Gründe hat der Umzug nicht», sagte Strohband, der nach wie vor keinen Termin für die längst überfällige Vertragsunterschrift nannte: «Wir warten noch - allerdings wird sich das nicht mehr ewig ziehen können.» Wahrscheinlich wollen Strohband und Ullrich das Spar-Angebot von Riis, der den Hände ringend gesuchten Sponsor noch nicht gefunden hat, vermeiden. «Bei entsprechenden Leistungen hätte er bei uns mehr verdienen können als früher», hatte Telekom-Team-Chef Olaf Ludwig in der vorigen Woche bestätigt.
Ullrichs Neubeginn mit angezogener «Handbremse» belegt auch sein Festhalten an seinem alten Trainer Peter Becker, der ihn schon zu DDR-Zeiten betreute. Unter dessen Leitung nahm der Tour-Sieger von 1997 leichtes Training in seinem Merdinger Haus wieder auf. «Wann es wieder auf die Straße geht, entscheiden die Ärzte», sagte Strohband. «Ich habe das Gefühl, als würde ich fliegen», schrieb Ullrich im Internet nach seinen ersten Trainingssitzungen. Nach seinen Knie-Problemen, die zwei Operationen nötig machten, konnte Ullrich annähernd ein halbes Jahr nicht auf dem Rad sitzen. Seinen einzigen Wettkampf 2002 hatte der gebürtige Rostocker im Januar bei der Katar-Rundfahrt bestritten.