Berlin (rad-net) - Auf Radsport und Skilanglauf kommen nach den Affären Stefan Schumacher und Bernhard Kohl möglicherweise weitere Dopingfälle zu. Das ist die Konsequenz der Arbeit der entsprechenden Verbände im Anti-Doping-Kampf. Nach Ansicht des Anti-Doping-Experten Bengt Saltin sei dem Problem nur mit langfristiger Beobachtung der Aktiven beizukommen. Während die Welt Welt-Antidoping-Agentur (WADA) versuche, Epo-Doping mit üblichen Urintests nachzuweisen, sei eine massive Verdrängung. Erfolgreiche Kontrollen auf diesem Weg seien nach Ansicht von Saltin nur «Glücksfälle». Die langfristige Dokumentation von Blutwerten werde aber von der WADA ebenso wenig unterstützt wie durch die Weltverbände in der Leichtathletik, im Fußball und im Schwimmen, in denen es ebenfalls erheblichen Verdacht auf Blutdoping gibt. «Aber sie tun nichts», so Saltin.
Die Indizien für mögliche neue Dopingfälle lieferte dagegen der von der UCI in diesem Jahr als erster internationaler Sportverband eingeführte Biologische Pass, den bereits rund 800 Radprofis haben. Die darin lückenlos dokumentierten Blutprofile, sagte McQuaid, hätten in einigen wenigen Fällen «Unregelmäßigkeiten» ergeben. Dies lasse auf die Anwendung verbotener Substanzen oder Methoden schließen. Derzeit, meinte der UCI-Chef, befassen sich noch die Juristen der UCI mit den Fällen.
In diesem Zusammenhang kritisierte der 59-Jährige den Ausstieg der ARD aus der TV-Berichterstattung über die Tour de France 2009. «Das ist die falsche Botschaft. Das ist nicht gerecht und auch nicht hilfreich - den Veranstaltern gegenüber und den deutschen Radsportfans.»
Der Internationale Skiverband FIS untersucht derzeit auffällige Blutwerte von fünf Skilangläufern, teilte der schwedische Wissenschaftler Bengt Saltin auf dem Forum mit. «Ein Präzedenzfall wird vorrangig behandelt. Ich hoffe, dass wir die Ergebnisse bis Weihnachten haben und dann an die Öffentlichkeit gehen können», sagte der anerkannte Dopingfahnder. Deutsche Skilangläufer gehören laut Saltin nicht zu den fünf Fällen. Der Ski-Weltverband hatte den Biologischen Pass mit den Blutprofilen nach den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City eingeführt.
Zuvor hatte Saltin im Kampf gegen Doping ein radikales Umdenken und deutlich mehr Trainings- statt Wettkampfkontrollen gefordert. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sei «dumm», wenn es glaube, dass es die 1000 Tests mehr während der Olympischen Spiele in Peking im Vergleich zu Athen 2004 als Erfolg verkaufen kann. «Das sind vergeudete Ressourcen. Hätte man diese Kontrollen zwischen den Saisons gemacht, hätten wir 1000 positive Fälle gehabt», sagte der renommierte Physiologe.
Während der «heißen» Wettkampfphase zu testen, sei naiv, vergeblich und vergeude Ressourcen. «Da werden ja höchstens noch Amphetamine und Diuretika zur Verschleierung genommen. Die Leichtathleten musst du vor allem im Winter kontrollieren, die Skiläufer im Sommertraining», forderte Saltin, der in Deutschland vor allem durch sein Gutachten im Fall der Skilangläuferin Evi Sachenbacher-Stehle aus dem November 2006 bekannt wurde. Der in Kopenhagen lebende Forscher hatte nach der Schutzsperre Sachenbachers die Blutstudie für den Weltverband FIS mit erarbeitet.
Schwimm-Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen machte mit Blick auf das Doping-Problem deutlich: «Der Schwimmsport ist definitiv nicht frei davon.» Sie wies auf ein grundsätzliches Problem bei unangemeldeten Trainingskontrollen hin: «Es ist sehr schwer, im Voraus genau anzugeben, wo man an einem bestimmten Tage tatsächlich ist.» Die Berlinerin empfahl einen «Chip am Schlüsselbund oder Handy» zur besseren Ortung der Athleten.