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Der Molekularbiologe Werner Franke (l) und Ex-Radsport-Profi Jan Ullrich (r). Fotos: dpa
15.04.2008 13:52
Doping-Jäger Franke kritisiert Einigung mit Ullrich

Heidelberg (dpa) - Doping-Experte Werner Franke gibt im Fall Jan Ullrich nicht auf. Der Heidelberger Molekularbiologe hat die Einstellung des Bonner Betrugs-Ermittlungsverfahrens gegen den früheren Radprofi scharf kritisiert und dessen einstigen Sponsor Deutsche Telekom angegriffen.

«Seit gestern ist das Lügen vor Gericht - wie zum Beispiel die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt - offenbar nicht mehr bestraft. Die haben in Bonn alles in einem Aufwasch mit eingestellt, auch meine Strafanzeige wegen falscher Versicherung an Eides statt», sagte Franke der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Zugleich nahm er Ullrich etwas in Schutz. Der Tour-de-France-Sieger von 1997 sei letztlich «nur ein Opfer der Leute, die ihn eingesetzt haben für ihre Werbezwecke», sagte Franke dem ZDF. «Das Umfeld und seine Sponsoren waren ja beteiligt - die Telekom», behauptete er.

Nach fast zwei Jahren hatte die Bonner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Ullrich eingestellt. Der zweifache «Sportler des Jahres» soll nach dpa-Informationen 250 000 Euro bezahlt haben. «Ich habe mich nicht freigekauft», sagte Ullrich der «Bild»-Zeitung. «Fakt ist, die Betrugs-Vorwürfe haben sich nicht bestätigt.» Ullrich hat jegliches Doping stets bestritten.

Dennoch laufen weitere Zivilverfahren im Zusammenhang mit dem Doping-Verdacht gegen den 34-Jährigen. Franke ließ keinen Zweifel daran, dass er seinen Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg mit dem einstigen Sportidol weiter ausfechten will. «Ich habe das Angebot der Ullrich-Seite auf Einigung abgelehnt. Ich werde nur die Wahrheit akzeptieren und mich zu wehren wissen», betonte der Wissenschaftler. Neue Argumente hatte ihm der Bonner Staatsanwalt Fred Apostel geliefert, der nach der Einigung erklärt hatte: «Unsere Ermittlungen über 21 Monate haben ergeben: Ullrich hat gedopt.»

Für dieses «Nachtreten» habe er kein Verständnis, sagte Ullrich, der aber keine weiteren Schritte gegen Apostel einleiten will: «Von gerichtlichen Auseinandersetzungen habe ich genug.» Er verwies darauf, dass die Einstellung «ohne eine Schuldfeststellung» beendet worden sei. «Ein Geständnis konnte es auch nicht geben, weil ich niemanden betrogen habe.» Ullrich räumte ein, auch Fehler gemacht zu haben. «Aber wenn ich mich frage, ob ich die Chance hatte, Dinge anders zu machen, dann ist die Antwort: Nein.»

Das angekündigte zweite Enthüllungsbuch seines einstigen Masseurs Jef D'Hont, dessen Aussagen die Doping-Geständniswelle früherer Magenta-Fahrer wie Erik Zabel ausgelöst hatte, fürchte er keineswegs. Er glaube auch nicht, dass ihm sein Olympia-Gold von 2000 aberkannt werden könnte. «Ich wüsste nicht, warum das passieren sollte, denn auch diese Medaille habe ich fair gewonnen», sagte Ullrich.

Franke indes will sich nicht beirren lassen. Ullrich habe sogar einen wesentlich höheren Betrag als die vor dem Hamburger Gericht verhandelten 35 000 Euro an den spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes gezahlt. Der Wahl-Schweizer habe das Geld an ein «Madrider Dopingärzte-Konsortium» überwiesen. «Die firmieren unter dem Sammelkonto 'Codes Holding'. Für den auf dieses Konto am 9. Januar 2006 von Jan Ullrich überwiesenen Betrag sind nach Fuentes' eigener Buchführung 35 000 Euro an Fuentes gegangen», sagte Franke.

Im Zuge der Einstellung der Bonner Ermittlungen ist für den Forscher eine «Hammer-Sensation» ans Licht gekommen. «Die Ausführungen von Herrn Apostel besagen ganz klar, die kriminelle Energie, die Jan Ullrich aufbringen musste, sei gering gewesen, weil es (Doping) alle gemacht hätten und es wohl auch der Sponsor T-Mobile gewusst beziehungsweise nachträglich nicht als Betrug empfunden habe.» Allerdings finden sich in Apostels Presseerklärung keine Belege für diese Sichtweise. Die Telekom reagierte gelassen auf die Anschuldigungen. «Die Vorwürfe von Herrn Franke sind ja nun wirklich nicht neu», sagte Christian Frommert, Sponsoring-Leiter der Deutschen Telekom. «Aus unserer Sicht müssen wir nicht alles kommentieren.»

Unabhängig von der jüngsten Etappe wird Ullrichs Justiz-Marathon fortgesetzt: Neben dem Franke-Prozess ist ein Verfahren gegen Ullrichs früheren Team-Manager Günther Dahms anhängig, der mit Verweis auf dessen Doping-Praxis laut «Spiegel» eingefordertes Gehalt nicht zahlen will. Von der Staatsanwaltschaft Freiburg, die wegen der Vorgänge an der Uni-Klinik Freiburg ermittelt, droht Ullrich weiteres Ungemach. «Wir haben den Ausgang des Ermittlungsverfahrens in Bonn mit Interesse zur Kenntnis genommen», sagte der Freiburger Staatsanwalt Wolfgang Maier. Aus «ermittlungstaktischen Gründen»=wollte er nicht sagen, ob Ullrich als Zeuge vernommen werden soll.

Die Staatsanwaltschaft Bonn hat einen Zahlungsverkehr zwischen Ullrich und Fuentes in Höhe von 25 000 Euro mit Bank-Unterlagen belegt. Zudem wies sie per DNA-Abgleich nach, dass neun bei Fuentes gelagerte Blutbeutel Ullrich zuzuschreiben sind.


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