Lüttich (dpa) - Der Patient kommt noch nicht auf die Beine: Jan Ullrich ist mit Rang 80 zum Auftakt des 89. Giro d'Italia in sein zweites Saison-Rennen gestartet.
Auf den Tagessieger im 6,2 Kilometer langen Einzelzeitfahren, den Italiener Paolo Savoldelli (7:50 Minuten), verlor er vor den Toren Lüttichs 49 Sekunden. Dabei ließ Ullrich, der das zweitwichtigste Etappenrennen der Welt mit lediglich 654 Wettkampf-Kilometern in den Beinen angeht, winzige Fortschritte erkennen.
Der 32-jährige T-Mobile-Kapitän, den eine Reizung im rechten Knie drei Wochen zurückwarf und der erst vor elf Tagen bei der Tour de Romandie in die Saison startete, macht sich aber keine Illusionen für die kommenden 22 Tage. «Ich freue mich auf die nächsten Wochen, auch wenn ich weiß, dass es für mich sehr schwer wird,» sagte Ullrich nach der ersten Etappe in der Industriestadt Seraing, in der Stefan Schumacher (8:03) als bester Deutscher auf Rang vier überraschte.
«Ich versuche, die Tour de France gewinnen. Es gibt kein besseres Vorbereitungsprogramm, als den Giro durchzufahren. Die schweren Bergetappen zum Schluss brauche ich nach meinem verspäteten Einstieg», erklärte Ullrich und machte noch ein Mal deutlich, dass die Italien-Rundfahrt für ihn nichts anderes als ein Trainingslager unter erschwerten Bedingungen darstellt. Seine erste Giro-Teilnahme beendete er 2001 als 52. im Gesamtklassement mit 31:22 Minuten Rückstand auf Gilberto Simoni, der seinen dritten Sieg anpeilt.
Der abergläubische Ullrich, der sich bei einem flämischen Friseur seiner Lockenpracht entledigte, trägt bei seinem zweiten Giro-Start die höchste Startnummer aller Teilnehmer: 219. Aber das muss kein böses Omen sein. «Es ist noch machbar, die Tour zu gewinnen - eventuell», sagte Ullrich. Diese leichte Einschränkung hat sicher auch mit den bereits erbrachten Leistungen seiner mutmaßlichen Hauptkonkurrenten in Frankreich, Ivan Basso, Alexander Winokurow, Floyd Landis oder Alejandro Valverde zu tun.
Ullrichs Marschroute für die nächsten drei Wochen steht fest - die danach auf dem Weg zur Tour noch nicht. «Wir wollen noch einige Berg-Etappen in Frankreich abfahren, und auch die Asturien-Rundfahrt wäre noch eine Möglichkeit, wenn Jan noch Renn-Kilometer braucht», erklärte Pevenage, der vor der letzten Giro-Woche leichte Bedenken hat: «Natürlich sind wir am Start, um durchzufahren. Aber die letzten Tage sind verdammt sehr, sehr schwer. Es wird auch wichtig sein, was wir in den Dolomiten für Wetter haben. Es gab schon Giro-Etappen im Schnee.»
Das alles würde die Giro-Topfavoriten nicht schocken. Der Tour- Zweite des Vorjahres, Ivan Basso, will das Double Giro und Tour, das zuletzt 1998 der inzwischen verstorbene Marco Pantani schaffte. Sein CSC-Team, für den der Vuelta-Zweite Carlos Sastre nachnominiert wurde, und in dem auch der Berliner Jens Voigt - am Samstag 14. mit 25 Sekunden Rückstand - Akzente setzen soll, hat bereits Tour- Zuschnitt. Basso, der 23 Sekunden auf Savoldelli verlor, ist ausgemachter Favorit des «Rad-Papstes» Eddy Merckx.