St. Maixent-l'Ecole (dpa) - Jan Ullrich ärgerte Lance Armstrong vor dem entscheidenden Zeitfahren von Pornic nach Nantes über 49 km mit kleinen Nadelstichen: Der Olympiasieger spurtete auf der 18. Etappe der Tour de France von Bordeaux nach St. Maixent-l'Ecole, auf der sich der Spanier Pablo Lastras den Tagessieg holte, am ersten Zwischensprint in Montendre nach 50 km um den Sieg.
Der Zweite des Gesamtklassements holte sich hinter dem verdutzten Robbie McEwen und vor dem die Gesamtwertung anführenden Armstrong Platz 2 und damit zwei Sekunden Gutschrift gegen den vierfachen Tour-Sieger. Der Nervenkrieg vor dem Schlussakkord der Tour in der Bretagne hatte eine neue Qualität erhalten.
24:07 Minuten nach Lastras spurtete McEwen als 17. und Schnellster des Hauptfelds über die Ziellinie knapp vor Erik Zabel (Unna) und dem alten Träger des Grünen Trikots, Baden Cooke (Australien). McEwen setzte sich damit an die Spitze der Punktwertung. Ullrich nimmt als vorletzter Fahrer um 15:59 Uhr das Rennen gegen die Uhr auf, Armstrong startet drei Minuten nach dem Sieger des ersten Zeitfahrens von Cap Découverte.
Die Sprinter um McEwen und seinen Landsmann Cooke schienen ihren Augen nicht zu trauen, als ihnen plötzlich Ullrich in Montendre zum direkten Gegner erwuchs. «Jan fährt im Feld sowieso immer weit vorne. Wenn sich die Chance ergibt - warum nicht? Wir hatten uns das jedenfalls nicht ausdrücklich vorgenommen», sagte Bianchi-Teamchef Rudy Pevenage nach der überraschenden Aktion, die Ullrichs Rückstand auf Armstrong vor den letzten 201 km der diesjährigen Jubiläums-Tour auf 1:05 Minuten verkürzte.
«Eigentlich hat mich das mit dem Zwischensprint von Ullrich nicht überrascht. Die zwei Sekunden sind doch auch nicht wichtig. Ich bleibe vor dem Zeitfahren ruhig und habe Selbstvertrauen: Ich habe in den letzten vier Jahren noch nie das letzte Zeitfahren der Tour verloren - ich bin bereit», sagte Armstrong nach der 18. Etappe in St. Maixent-l'Ecole. Die Wetter-Prognosen für Samstag - regnerisch und kühl - scheinen Armstrong vor dem großen Duell außerdem zu bevorteilen.
Die drittletzte Etappe ähnelte ansonsten der vorangegangenen. Nach dem Zwischensprint von Montendre bildete sich eine 16-köpfige Spitzengruppe ohne deutsche Beteiligung. 25 km vor dem Ziel war der Vorsprung bei Nieselregen auf 22:30 Minuten gestiegen - bisheriger Rekord in diesem Jahr. Im Ziel war er sogar noch größer geworden. Keine der Mannschaften im Feld fühlte sich für die Tempoarbeit zuständig, weil keiner der Ausreißer vordere Plätze im Gesamtklassement gefährdete. Auch die Teams der bei einem Massenspurt aussichtsreichen australischen Sprinter versuchten das Blatt nicht zu wenden. Die Fahrer im Feld wirkten vor dem spannendsten Zeitfahren seit 14 Jahren wie eine müde Truppe von Rad- Touristen.
Elf Kilometer vor dem Ziel setzten sich acht Fahrer aus der Spitzengruppe ab, kurz danach von ihnen wieder der Spanier Davide Canada. Als einst hervorragender Zeitfahrer schien er gegen seine drei schärfsten Verfolger zu bestehen, aber 300 m vor dem Ziel war er mit seiner Kraft am Ende und wurde noch überholt. Lastras siegte nach 203,5 km mit der zweitschnellsten Zeit in der Tour-Geschichte vor Carlos da Cruz und dem Italiener Daniele Nardello von Telekom. Den Etappen-Geschwindigkeits-Rekord hält seit 1999 Weltmeister Mario Cipollini (Italien) mit 50,355 km/h über 194,5 km von Lavalle nach Blois. Lastras fuhr am Freitag «nur» einen Schnitt von 49,938 km/h.
Bordeaux - Saint-Maixent-l'Ecole
Rang | Name | Zeit |
1. | Pablo Lastras (Spanien) | 4:03:18 Std. |
2. | Carlos da Cruz (Frankreich) | gleiche Zeit |
3. | Daniele Nardello (Italien) | gleiche Zeit |
4. | David Canada (Spanien) | + 0:04 Min. |
5. | Massimiliano Lelli (Italien) | + 0:19 |
6. | Andy Flickinger (Frankreich) | + 0:19 |
7. | Thomas Voeckler (Frankreich) | gleiche Zeit |
8. | Paolo Fornaciari (Italien) | gleiche Zeit |
9. | Fabrizio Guidi (Italien) | + 0:35 |
10. | Vladimir Miholjevic (Kroatien) | gleiche Zeit |
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18. | Erik Zabel (Unna) | + 24:05 |
24. | Jan Ullrich (Scherzingen) | gleiche Zeit |
35. | Matthias Kessler (Nürnberg) | gleiche Zeit |
41. | Jörg Ludewig (Halle) | gleiche Zeit |
57. | Daniel Becke (Erfurt) | gleiche Zeit |
62. | Grischa Niermann (Hannover) | gleiche Zeit |
63. | Jörg Jaksche (Ansbach) | gleiche Zeit |
69. | Rolf Aldag (Ahlen) | gleiche Zeit |
83. | Udo Bölts (Heltersberg) | gleiche Zeit |
101. | Uwe Peschel (Berlin) | gleiche Zeit |
131. | Thomas Liese (Sangerhausen) | gleiche Zeit |